Allgemeines

Der Enzian-Schillergras-Rasen ist eine Magerweide auf nährstoffarmen, oft steinigen Kalkböden. Ähnlich wie die Heiden auf sauren Böden ist dieser Kalkmagerrasen durch extensive Schafbeweidung entstanden. Besonders augenfällig ist dies bei den Wacholderheiden. Da der Wacholder der einzige Strauch ist, bei dem die Schafe auch schon die jungen Triebe nicht fressen, bestimmt er das charakteristische Aussehen dieses Vegetationstyps.
Gentiano-Koelerietum

Enzian-Schillergras-Rasen mit Wacholder bei Alendorf


Gentiano-Koelerietum
    Solche baumlosen Heiden bestimmten einmal auf weite Strecken das Landschaftsbild der Eifel. Im 19. Jahrhundert begann die Preußische Forstverwaltung mit der planmäßigen Aufforstung der Flächen. Heute sind nur noch kleine Reste erhalten. 
    Wurden die Flächen nicht nur beweidet sondern z.B.auch abgeflämmt, fehlt der Wacholder (Bild links: Herbstaspekt mit Deutschem Enzian). Bleibt die Beweidung  aus, kommt es über kurz oder lang zur Verbuschung und schließlich zur Bewaldung. 

    Der Enzian-Schillergras-Rasen ist besonders blumenreich. Zusammen mit anderen Typen von Kalkmagerrasen ist  besonders der Reichtum an Orchideen spektakulär.

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Charakterarten
 
 
Die verschiedenen Typen von Kalkmagerrasen sind durch eine Vielzahl gemeinsamer Kennarten verbunden, die hier nicht im Einzelnen aufgeführt werden können. Für das Gentiano-Koelerietum sind speziell solche Arten typisch, die durch die Schafweide gefördert werden, sei es, dass sie den Schafen nicht schmecken wie der Wacholder (Juniperus communis), sei es, dass sie sich mit Dornen oder Stacheln vor Verbiss schützen oder dass sie von der Schafweide mittelbar profitieren. 
 

Eine solche Art ist der Deutsche Enzian (Gentianella germanica) (rechts). Die einjährige Pflanze benötigt zum Keimen offenen Boden, der durch die Tritte der Schafe geschaffen wird. 
 

Der Fransenenzian (Gentianopsis ciliata) (unten) ist zwar ausdauernd. Die kleine, lichtliebende, konkurrenzschwache Art könnte aber in einem dichten Trespenrasen nicht existieren. Die Art wurde früher auch in die Gattungen Gentiana und Gentianella gestellt.

Gentianella germanica

Gentianopsis ciliata
 
 
Cirsium acaule Unter den distelartigen Gewächsen ist besonders die Stengellose Kratzdistel (Cirsium acaule) für den Enzian-Schillergras- Rasen kennzeichnend. 

 
Die Golddistel (Carlina vulgaris) (rechts) kommt auch in anderen, mageren, steinigen Biotopen vor. 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

    Carlina vulgaris

 
Orchis anthropophora = Aceras anthropophorum Wie schon gesagt, ist das Gentiano- Koelerietum für seinen Orchideenreichtum berühmt. Die folgenden Beispiele sind nicht alle im engeren Sinne Charakterarten von Kalkmagerrasen. In der Nordeifel kommen sie aber praktisch nur noch in dieser Gesellschaft vor. 

links: Ohnsporn (Orchis anthropophora

unten von links nach rechts: Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea ssp. densiflora), Einknolle (Herminium monorchis), Brand-Knabenkraut (Neotinea ustulata), Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum). 

ganz unten: Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera)


 
 
Gymnadenia conopsea ssp. densiflora
Herminium monorchis
Neotinea ustulata = Orchis ustulata
Himantoglossum hircinum

Ophrys apifera


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Vorkommen
 

Das Gentiano-Koelerietum war früher in Mitteleuropa in den Kalkzügen der Mittelgebirge weit verbreitet. Durch die Aufgabe der Schafzucht, Aufforstung, Bebauung usw. sind die Flächen auf geringfügige Reste zusammengeschrumpft. Außer in den Kalkmulden der Eifel gibt es bemerkenswerte Vorkommen z.B. noch im Weserbergland, im Hessischen Bergland, in der Schwäbischen Alb und in der Fränkischen Alb.

Die meisten Vorkommen sind heute unter Schutz gestellt. Trotzdem lassen sich vielerorts Veränderungen in der Artenzusammensetzung beobachten, weil die Biotope nicht optimal gepflegt werden. Selbst die Beweidung durch Schafherden führt nicht unbedingt zum gewünschten Ergebnis, weil die modernen Fleischrassen bezüglich ihrer Futterpflanzen sehr viel wählerischer sind als die genügsamen historischen Landschafrassen.

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Ähnliche Gesellschaften
 

Bromus erectus

Werden die Flächen nicht beweidet sondern einmal im Jahr gemäht, verschiebt sich das Artenspektrum zu Gunsten hochwüchsiger Gräser wie der Aufrechten Trespe (Bromus erectus, Abb. links) oder der Fieder-Zwenke (Brachypodium pinnatum). Die Enzian-Arten und "Weideunkräuter" wie Disteln oder Wacholder treten dagegen zurück. Solche gemähten Kalkmagerrasen heißen Trespen-Rasen (Mesobrometum). Mahd war z.B. in weiten Teilen Süddeutschlands die übliche Bewirtschaftung magerer Kalkböden. In der Eifel war dies nur um Trier und in Luxemburg üblich. Da viele Enzian-Schillergras-Rasen lange nicht beweidet wurden oder zur Biotoppflege zusätzlich oder ausschließlich gemäht werden, lassen sich solche Bestände oft nicht mehr eindeutig dem Gentiano-Koelerietum oder dem Mesobrometum zuordnen.

Eine besondere Variante des Mesobrometums wächst am Rheinufer. Durch die Kanalisation des Rheins erhöhte sich die Fließgeschwindigkeit, wodurch der Grundwasserstand in den unmittelbar anschließenden Rheinwiesen sank. Die Stromtalwiesen kommen am Oberrhein und am Niederrhein vor.

 



Helictotrichon pratense

Auf saureren Böden gehen die ausgesprochenen Kalkzeiger zurück, dafür treten azidophile Arten wie Gewöhnliche Pechnelke (Viscaria vulgaris, syn. Lychnis viscaria) und Flügel-Ginster (Genista sagittalis, syn. Chamaespartium sagittale) hinzu. Außerdem ist Wiesen-Hafer (Helictotrichon pratense, syn. Avena pratensis) besonders gut entwickelt, was dem Rasen die charakteristische blaugrüne Farbe verleiht. OBERDORFER hat dies als Pechnelken-Wiesenhafer-Gesellschaft (Viscario-Avenetum pratensis ) beschrieben. Da die Gesellschaft sich von den oben genannten Assoziationen mehr durch das Fehlen von Arten, aber nicht durch eigene Kennarten unterscheidet, ist der Assoziationsrang umstritten. Andere Autoren stufen sie als Viscaria vulgaris-Helictotrichon pratense-Gesellschaft ein.

Die etwas wärmeliebende Gesellschaft war im Rheinland schon immer relativ selten. Genau wie Enzian-Schillergras- und wie Trespen-Rasen kommt sie heute nur noch in Naturschutzgebieten vor, wo die traditionelle Bewirtschaftung durch Biotppflegemaßnahmen nachgeahmt wird. Die Abbildung oben stammt von einem kleinen Höhenrücken im Ahrtal. Hier ist das Vorkommen auf einige Quadratmeter zusammengeschrumpft, was man durch Mahd und Ausmagerung rückgängig zu machen versucht.


 

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Joachim Schmitz,  8.XI.2021
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