Schmitzens Botanikseite
Rheinische Pflanzengesellschaften
Hainsimsen-Buchen-WaldLuzulo-Fagetum Verband: Fagion sylvaticae
Ordnung: Fagetalia sylvaticae
Klasse: Querco-Fagetea
- Allgemeines
- Charakterarten
- Vorkommen
- Ähnliche Gesellschaften
Allgemeines
Der Hainsimsen-Buchen-Wald ist der wichtigste Waldtyp im Rheinischen Schiefergebirge. Das Mittelgebirgsklima ist durch relativ hohe Luftfeuchtigkeit, gerade auch im Sommer, gekennzeichnet. Unter diesen Bedingungen ist die Rotbuche der dominierende Waldbaum, soweit der Boden nicht zu nass, zu trocken oder bezüglich eines anderen ökologischen Faktors zu extrem ist. Auf nährstoffarmen, kalkfreien und damit relativ sauren Böden ist das Luzulo-Fagetum die typische Buchen-Wald-Gesellschaft. Da solche Bedingungen im Rheinischen Schiefergebirge sehr häufig gegeben sind, ist die Gesellschaft hier entsprechend verbreitet.Die Buche beschattet ihren Untergrund sehr stark. Zusammen mit dem mageren Boden, der sich zusätzlich hemmend auf das Wachstum von Pflanzen auswirkt, führt dies dazu, dass der Hainsimsen-Buchenwald besonders arm an Unterwuchs ist und im typischen Fall praktisch keine Strauchschicht enthält. Die Krautschicht ist oft nur dann gut entwickelt, wenn durch Schlag, Windbruch o.ä. Licht auf den Waldboden dringt.Viele potentiellen Flächen des Luzulo-Fagetums sind heute (noch?) von Fichten-Plantagen bestockt. Ursprünglich war die Anpflanzung von Fichten bzw. Fichten-Kiefern-Mischungen durch die preußische Forstverwaltung ab ca. 1850 eine durchaus sinnvolle Maßnahme. Denn die über Jahrhunderte betriebene Ausbeutung der Mittelgebirgswälder hatte die Böden so ruiniert, dass eine Naturverjüngung mit Buchen nicht mehr möglich war. Der Boden musste erst durch Pionierbäume wieder regeneriert werden. Heute wäre eine Renaturierung zum Buchenwald wieder möglich (was in Staatsforsten auch zunehmend passiert).
Die Rotbuche (Fagus sylvatica) ist zwar "nur" Charakterart der Klasse, hat aber - klimatisch bedingt - ihren eindeutigen Schwerpunkt in den Fagion-Gesellschaften.
Für die Differenzierung von Fagion-Gesellschaften ist es fast wichtiger, welche Arten nicht vorkommen, als welche vorhanden sind. Mit zunehmendem Anspruch an Boden und Klima wird die Krautschicht von Hainsimsen-Buchen-Wald über Waldmeister-Buchen-Wald (Galio-Fagetum), Haargersten-Buchen-Wald (Hordelymo-Fagetum) und Orchideen-Buchen-Wald (Carici-Fagetum) immer reicher. Eine Ausnahme macht hier die Weiße Hainsimse (Luzula luzuloides) (rechts), die den Hainsimsen-Buchenwald eindeutig gegen die übrigen Buchenwälder trennt und deshalb als Assoziationskennart gelten kann. Diese Art ist auch die Hainsimse, auf die sich der Name der Gesellschaft bezieht.
Gegen die anspruchsvolleren Buchen-Wald-Gesellschaften können eine Reihe weiterer Säure- und Magerkeitszeiger als Differentialarten des Hainsimsen-Buchen-Walds benutzt werden. Dazu gehört die links abgebildete Pillen-Segge (Carex pilulifera).
Charakteristisch ist auch das Übergreifen von Magerkeitszeigern der armen Eichen-Wälder (Quercetalia roboris) auf den Hainsimsen-Buchen-Wald wie die Geschlängelte Schmiele (Deschampsia flexuosa) (oben links) oder den Wiesen-Wachtelweizen (Melampyrum pratense) (oben rechts).
Die Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) (oben) kommt bis in die Arktis in Fichtenwäldern und Zwergstrauchheiden vor. In Buchenwäldern kennzeichnet sie eindeutig das Luzulo-Fagetum.
Nicht unbedingt häufiger, aber sicher auffälliger als die Weiße Hainsimse ist die Wald-Hainsimse (Luzula sylvatica ssp. s.) (oben). Überregional kommt die Art in verschiedenen Wald-Gesellschaften vor. Im Rheinland findet man sie aber fast ausschließlich im Luzulo-Fagetum.
Aufgrund seiner weiten geographischen Verbreitung ist das Luzulo-Fagetum in zahlreiche regionale Varianten und Höhenstufenformen aufgespalten. Typisch für höhere Mittelgebirgslagen sind verschiedene Farne. Der links abgebildete Eichenfarn (Gymnocarpium dryopteris) (oben) und der Buchenfarn (Thelypteris phegopteris) (unten) sind Verbandsdifferentialarten; sie können also auch in montanen Ausprägungen des Galio-Fagetum vorkommen.
Ein typisch atlantisches Element ist die Stechpalme (Ilex aquifolium). Die Verbreitung der Art ist streng an die 0°-Januar-Isotherme gebunden, d.h. die Art kommt nur dort vor, wo die Durchschnittstemperatur im Winter nicht unter diese Marke fällt. Der Hainsimsen-Buchen-Wald ist der Wald des Rheinischen Schiefergebirges. Er wäre noch häufiger, wenn nicht viele Bestände durch historische Nutzungsformen wie Niederwaldwirtschaft (z.B. für die Köhlerei oder für die Gewinnung von Lohe zur Ledergerberei) in Eichen- oder Hainbuchen-Wälder umgewandelt worden wären. Außerdem tragen viele potentielle Wuchsflächen Fichtenforste.
Ähnliche Gesellschaften
Die Abgrenzung gegen anspruchsvollere Buchen-Wälder ist leicht durch den Ausfall der Weißen Hainsimse (Luzula luzuloides) und weiterer Säure- und Magerkeitszeiger sowie das Hinzutreten anspruchsvollerer Arten, z.B. Waldmeister (Galium odoratum) oder Aronstab (Arum maculatum), vorzunehmen. Näheres hierzu wird bei der Besprechung des Waldmeister-Buchen-Walds (Galio-Fagetum) ausgeführt.
Honiggras-Eichenwald (Holco-Quercetum robori molinietosum) am Vennrand südlich von Aachen Sehr viel schwieriger ist die Abgrenzung gegen die Eichen-Birken-Wälder (Ordung Quercetalia robori-petraeae). Das Betulo-Quercetum petraeae kann dem Luzulo-Fagetum in der Krautschicht ähnlich werden, ist aber durch den Ausfall der Rotbuche noch gut zu unterscheiden. Das Holco-Quercetum robori (syn. Fago-Quercetum) ist durch den stärkeren Anteil der Stiel-Eiche (Quercus robur) gekennzeichnet; die Weiße Hainsimse (Luzula luzuloides) fehlt, dafür machen sich Weiches Honiggras (Holcus mollis) oder Adlerfarn (Pteridium aquilinum) nicht selten in großen Herden breit. Auf feuchten Böden gesellt sich das Pfeifengras (Molinia caerulea) hinzu. Dies wird als Subassoziation Holco-Quercetum molinietosum (Abb. oben) bezeichnet. Eichen-Birken-Wälder ganz ohne Rotbuche wurden als Betulo-Quercetum robori beschrieben. Es ist allerdings fraglich, ob das Fehlen der Rotbuche wirklich standörtliche Ursachen hat oder durch historische Waldnutzungsformen oder gezielte Aufforstung bedingt sind.
Ilex aquifolium-Fagus-Ges. Noch umstrittetener ist die Behandlung der artenarmen Buchenwälder auf mageren Böden. Im subatlantischen Klima ist die Buche nicht nur im Mittelgebirge der konkurrenzstärkste Baum sondern kann bis ins Tiefland vordringen. So findet man z.B. in Norddeutschland reine Buchenwälder, die in der Krautschicht nur wenige Magerkeitszeiger wie Deschampsia flexuosa, aber keine Fagetalia-Arten und keine Luzula luzuloides aufweisen. Im Westen bildet dazu die Stechpalme (Ilex aquifolium) eine ausgeprägte Strauchschicht. Solche Bestände zeigen Ähnlichkeit zum westeuropäischen Ilici-Fagetum, das - obwohl reiner Buchenwald - zur Ordnung Quercetalia robori-petraeae gehört. OBERDORFER führt sie vorsichtshalber auf dem Rang von Gesellschaften als Deschampsia flexuosa-Fagus-Gesellschaft bzw Ilex aquifolium-Fagus-Gesellschaft. Bei der Interpretation Ilex-reicher Bestände ist zu beachten, dass die Stechpalme in verschiedenen Waldtypen vorkommt und neuerdings durch den Überbesatz an Rotwild gefördert wird, so dass die im Buchenwald ohnehin spärliche Krautschicht noch weiter zurückgedrängt wird. Man muss schon sehr große Flächen untersuchen, um sicherzustellen, dass Arten wie Luzula luzuloides oder Carex pilulifera wirklich fehlen.