Allgemeines

Polygalo-Nardetum
Borstgrasrasen mit Massenvorkommen von Arnika (Arnica montana) an der Landesgrenze bei Stadtkyll.
Vorne sind zwei Exemplare des Gefleckten Knabenkrauts (Dactylorhiza maculata ssp. m.) zu erkennen.

Borstgrasrasen sind durch Schafweide bedingte Magerrasen auf sauren Böden. Sie sind sozusagen das Gegenstück zu den trespenreichen Kalkmagerrasen. Je nach klimatischer Lage, Höhenstufe und Bodenqualität kann man Heiden mit zahlreichen Zwergsträuchern - allen voran der Besenheide (Calluna vulgaris) (oft fälschlich Erika genannt) - und durch Gräser und Stauden geprägte Rasen unterscheiden. Zu letzteren gehört das Polygalo-Nardetum, eine saure Magerweide der höheren Mittelgebirgslagen.

Wie bei den entsprechenden Kalkmagerrasen kann auch hier Wacholder als typisches Relikt der Schafweide vorkommen und wie die Kalkmagerrasen müssen die Borstgrasrasen als Zeugen einer historischen Form der Landwirtschaft aufwendig gepflegt werden.
 

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Charakterarten
 
 
Nardus stricta
    Ihre reichste Entfaltung haben die Borstgrasrasen in den Alpen und den höheren Mittelgebirgen als weidebedingte Ersatzgesellschaften der hochmontanen Wälder. Im Rheinischen Schiefergebirge findet sich eine Artenkombination, der die typischen hochmontanen bis subalpinen Kennarten weitgehend fehlen. Es handelt sich beim Polygalo-Nardetum also eigentlich um eine Verbandsgesellschaft, die weniger durch eigene Kennarten als durch den Ausfall anderweitiger Charakterarten gekennzeichnet ist. 
     
     
     
Das namengebende Borstgras (Nardus stricta) ist zwar "nur" Ordnungscharakterart aber so charakteristisch, dass es hier als erstes vorgestellt werden soll. Mit den starren Halmen und den schmalen, einseitswendigen Blütenständen ist es unverwechselbar.

 
Polygala vulgaris ssp. v. Wie schon erwähnt, ist das Polygalo-Nardetum eher durch das Fehlen spezifischer Kennarten als durch eigene Charakterarten gekennzeichnet. Neben dem Ausfall hochmontaner Alpenpflanzen  ist auch das Fehlen des Flügel-Ginsters (Chamaespartium sagittale) signifikant. 

Die zweite namengebende Art ist die Verbandscharakterart Gewöhnliches Kreuzblümchen (Polygala vulgaris ssp. v.)(links). Angeblich soll in der Eifel auch die subspecies collina vorkommen, die sich am auffälligsten durch die weißlichen Blüten unterscheidet.

 
Sehr viel häufiger ist das Quendelblätrige Kreuzblümchen (Polygala serpyllifolia) in dieser Gesellschaft zu finden. Überregional gilt es zwar eher als Juncion squarrosi-Charakterart (s.u.), in Westdeutschland kommt es aber meistens im Polygalo-Nardetum vor. 

Neben der normalen blauviolett blühenden Form findet man oft auch Pflanzen mit weißlichen Blüten. Wie das Foto rechts demonstriert, kommen beide Formen nebeneinander vor. Möglicherweise sind solche weiß blühenden Exemplare auch schon irrtümlich für Polygala vulgaris ssp. collina gehalten worden. 

 

Polygala serpyllifolia    . 
 
Arnica montana Arnika oder Berg-Wohlverleih (Arnica montana) ist eine geschätzte Heilpflanze auf sauren, mageren Böden in montaner und hochmontaner Lage. Die Pflanze ist sehr empfindlich gegen Düngung und deshalb stark zurückgegangen. An zusagenden Stellen tritt sie aber oft gesellig auf und kann sogar Massenbestände bilden (s.o.)
 
Luzula multiflora ssp. congesta Luzula multiflora ssp. congesta (links) ist eine Sippe der Vielblütigen Hainsimse, deren Verbreitung und Ökologie noch nicht sicher bekannt ist. Nach OBERDORFER ist sie Verbandscharakterart; der SCHMEIL-FITSCHEN hat von dieser Sippe noch keine Notiz genommen.   Hieracium lactucella
Im Gegensatz zum häufigen Mausohr-Habichtskraut besitzt das Geöhrte Habichtskraut (Hieracium lactucella) mindestens zwei Köpfchen an einem Blütenschaft. Außerdem sind die Blätter unterseits grün und nicht weißfilzig behaart.

 
Hypericum maculatum ssp. m.
Das Gefleckte Johanniskraut (Hypericum maculatum ssp. m.) ist ebenfalls Violion-Verbandscharakterart.Vom häufigen Tüpfel-Johanniskraut unterscheidet es sich u.a. durch den sehr viel kleineren Wuchs und die stumpfen Kelchblätter. 
  Pseudorchis albida
Das Weißzüngel (Pseudorchis albida) ist eine der wenigen hochmontanen bis subalpinen Arten, die auch noch sehr vereinzelt im Rheinischen Schiefergebirge vorkommen. Die Vorkommen können als Relikte einer ehemals größeren Verbreitung in der Eiszeit gedeutet werden.
 
Centaurea nigra ssp. n.
    Nur in Westdeutschland tritt die Schwarze Flockenblume (Centaurea nigra ssp. n. ) (links) hinzu, so dass sie hier lokal als Verbandscharakterart gewertet werden kann. Von der verbreiteten Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea s.l.) unterscheidet sie sich u.a. darin, dass alle Röhrenblüten des Köpfchens gleich lang sind, die äußeren Blüten also nicht strahlend sind. Vor allem im Grenzgebiet zu Belgien und Luxemburg muss man auf hybridogene Mischpopulationen achten, die unter dem Namen Centaurea pratensis (= C. thuillieri) zusammengefasst werden. (In der Standardliste von HAEUPLER werden diese Formen als Unterart von C. jacea bewertet, was stark in Zweifel zu ziehen ist.)

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Vorkommen
 

Das Polygalo-Nardetum ist der typische Borstgrasrasen der alpenfernen Mittelgebirge. Ähnlich wie die Kalkmagerrasen sind sie Zeugen der ehemaligen Schafwirtschaft. Da sie im Vergleich zu den analogen Kalkmagerrasen weniger spektakuläre Arten enthalten, wurden erst relativ spät Bemühungen aufgenonmmen, diese Biotope durch geeignete Pflegemassnahmen zu erhalten. Außerdem sind Borstgrasrasen sehr empfindlich gegen Aufdüngung. Deshalb findet man diese Gesellschaft fast nur noch in Naturschutzgebieten, für die entsprechende Pflegemassnahmen entwickelt wurden.

In der Eifel gibt es die meisten Vorkommen noch in der westlichen Hocheifel. Im übrigen Rheinischen Schiefergebirge gibt es ähnliche Restvorkommen, überwiegend in höheren Lagen. Früher gab es die Gesellschaft wohl auch in wesentlich niedrigeren Lagen; diese sind durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft und die generelle Aufdüngung der Böden - nicht zuletzt durch Luftimmissionen - heute weitestgehend vernichtet.
 

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Ähnliche Gesellschaften
 
Juncus squarrosus An nassen, moorigen Stellen geht das Polygalo-Nardetum oft in die Gesellschaft der Sparrigen Binse (Juncus squarrosus) (links), dem (Juncetum squarrosi) über, die zu einem eigenen Verband (Juncion squarrosi) gezählt werden. Die Art blüht mit den großen gelben Staubbeuteln, rosa Griffeln und weißen Narben für eine Binse ungewöhnlich auffällig. Außerhalb der kurzen Blütezeit der Sparrigen Binse fällt diese Gesellschaft mehr durch das Wald-Läusekraut (Pedicularis sylvatica) (unten) auf.

 
Pedicularis sylvatica
 
Neuerdings, z.B. in der Synopsis der Pflanzengesellschaften Deutschlands Heft 8 (Göttingen 2001), werden die westlichen Vorkommen im Grenzbereich zu Belgien und den Niederlanden als eigenständige Assoziation Gentiano pneumonanthes-Nardetum strictae (Enzian-Borstgrasrasen) vom eher kontinentalen Juncetum squarrosi s.str. abgetrennt. Eigentliche Charakterarten besitzt das Gentiano-Nardetum nicht; es ist vielmehr durch atlantisch verbreitete Differentialarten wie Glockenheide (Erica tetralix), Englischer Ginster (Genista anglica), Geknäuelte Vielblütige Hainsimse (Luzula multiflora ssp. congesta)(s.o.) usw. sowie den Lungen-Enzian (Gentiana pneumonanthe) charakterisiert. Es handelt sich dabei durchweg um Arten, die ihren Schwerpunkt in typischen Kontaktgesellschaften wie Mooren oder Borstgrasrasen haben. Deshalb erscheint mir die Berechtigung dieser Assoziation zweifelhaft. Ohne eigene Charakterarten sollte sie eher als regionale Subassoziation eingestuft werden.
    In der Eifel findet sich die Gesellschaft oft in trockengelegten Hochmoorflächen, z.B. auf den Brandschutzschneisen im Hohen Venn.
     Auf die weiteren zahlreichen Nardo-Callunetea-Gesellschaften kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Weitere Beispiele werden sicher an dieser Stelle folgen.
 

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Joachim Schmitz,  4.VII.2008
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