Allgemeines
 


Arrhenatheretum elatioris

Glatthaferwiese im Aspekt des Wiesen-Pippaus (Crepis biennis)

Die Glatthaferwiese war die klassische Blumenwiese auf mittleren Böden im Flach- und Hügelland. Sie wurde organisch gedüngt und zweimal im Jahr gemäht. Vor 50 Jahren war dies der ertragreichste Wiesentyp und wurde deshalb auch als Fettwiese bezeichnet. Damals hat sich allerdings niemand vorstellen können, welche Entwicklung die Landwirtschaft nehmen würde. Im Zuge der Chemisierung und Industrialisierung der Landwirtschaft ist heutiges Wirtschaftsgrünland wesentlich nährstoffreicher und gleichzeitig wesentlich artenärmer geworden. Insbesondere die Ausbringung von Gülle, die bei der intensiven Viehmast anfällt, hat weit mehr Nährstoffe in den Boden gebracht, als die Pflanzen überhaupt verbrauchen können. Deshalb handelt es sich dabei kaum noch um eine normale landwirtschaftliche Bewirtschaftungsform sondern eher um eine Art der Sondermüllentsorgung. Die überschüssigen Nährstoffe gelangen ins Grundwasser, was dazu führt, dass z.B. im Kreis Heinsberg schon heute das Leitungswasser nicht mehr für Kleinkinder geeignet ist. Die wiederholten Funde von Keimen und Bakterien in den Eifeler Trinkwassertalsperren sind wohl in diesen Zusammenhang zu stellen.

Heute sind echte Glatthaferwiesen selten geworden und finden sich noch am ehesten auf Böden bzw. in Lagen, in denen sich die Bewirtschaftung als Intensiv-Grünland nicht durchführen lässt. Oft handelt es sich um Flächen, die nicht wegen des Ertrags sondern aus anderen Gründen als extensive Wiese bewirtschaftet werden wie z.B. Straßenböschungen.

Die Klasse Molinio-Arrhenatheretea umfasst alle Wirtschaftsgrünländer. Nach dem Wasserhaushalt unterscheidet man die nassen Pfeifengraswiesen (Ordnung Molinietalia) von den mäßig feuchten bis trockenen Grasländern (Ordnung Arrhenatheretalia). Diese werden nach der Bewirtschaftungsart (gemäht oder beweidet) und der bevorzugten Höhenstufe in vier weitere Verbände unterteilt. Der Verband Arrhrenatherion umfasst gemähte Wiesen in niederer bis mittlerer Höhenlage.
 

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Charakterarten
 
 
Arrhenatheretum elatioris
    Arrhenatherum elatius

    Die wichtigste und häufigste Charakterart ist der Glatthafer (Arrhenatherum elatius) (oben) selbst. Wie das Foto links unfreiwillig belegt, dominiert dieses stattliche Gras die meisten Bestände, bleibt aber trotzdem relativ unscheinbar. 

    Viel auffälliger sind die großen blauen Blüten des Wiesen-Storchschnabels (Geranium pratense). Die Art kommt aber nicht im gesamten Gebiet der Glatthaferwiesen vor, sondern wird nach Nordwesten immer seltener. Im Rheinland ist die Art erst in der Südeifel, im Mosel- und im Mittelrheintal häufiger.

 
Im Gegensatz zu Weiden, auf denen die Pflanzen zu jeder Zeit abgebissen werden können, haben die Pflanzen auf Wiesen, die ein oder zweimal zu ganz bestimmten Zeiten gemäht werden, Gelegenheit, in die Höhe zu wachsen. Deshalb sind hochwüchsige, aber wenig regenerationsfähige Arten besonders typisch für Wiesen. Ein Beispiel ist die große Bibernelle (Pimpinella major) (rechts). Die Art gehört zu den Doldenblütern; die Arten dieser Familie sind sich oft sehr ähnlich und werden deshalb von Laien oft verwechselt. Die Große Bibernelle ist u.a. daran zu erkennen, dass ihre Blätter nie mehr als einfach gefiedert sind. 

 

Pimpinella major
 
Orobanche minor
     

    Zu den verschiedenen Graslandtypen gehören natürlich auch einige Klee-Arten. Diese werden gelegentlich von der Kleinen Sommerwurz (Orobanche minor) befallen. Dieser Vollschmarotzer bildet besondere Saugorgane aus, mit denen er die Wurzeln von Klee-Arten und anderen Schmetterlingsblütern anzapft. 

    Die Kleine Sommerwurz gilt als Arrhenatherion-Verbandscharakterart.

 
Rhinanthus minor

Von den zahlreichen Ordnungs- und Klassencharakterarten seien als Beispiele genannt: Kleiner Klappertopf (Rhinanthus minor) (oben links), Wiesen-Platterbse (Lathyrus pratensis) (oben rechts),  Spitz-Wegerich (Plantago lanceolata) (unten links) und Gemeine Flockenblume (Centaurea jacea ssp. jacea) (unten rechts). 

Plantago lanceolata

Lathyrus pratensis

 
 
 
 
Centaurea jacea ssp. jacea

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Vorkommen
 

Die Gesellschaft war ursprünglich weit verbreitet und ist heute immer noch häufig, wird aber zusehends auf Flächen zurückgedrängt, die nicht  landwirtschaftlich genutzt werden sondern aus Gründen der Landschaftspflege entsprechend bewirtschaftet werden.

Ähnliche Artenkombinationen findet man auch als Sukzessionsstadien in vernachlässigten Magerrasen. Durch Nährstoffimmissionen (Der "saure Regen" ist auch Dünger!) und weil hier die produzierte Biomasse nicht durch Mahd wieder entzogen wird, gehen die Magerrasen in Glatthaferwiesen über. Über kurz oder lang werden sich solche Biotope in nitrophile Staudenfluren verwandeln.
 

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Ähnliche Gesellschaften
 
 
Angesichts der großen geographischen Verbreitung der Glatthaferwiesen kann es nicht verwundern, dass zahlreiche regionale Varianten beschrieben wurden. 

Dazu gehört auch die Ausprägung in Stromtälern, die u.a. durch den Straußblütigen Ampfer (Rumex thyrsiflorus) geprägt sind. Dies wurde zuerst an der Elbe als Chrysanthemo-Rumicetum thyrsiflori beschrieben; inzwischen wurden ähnliche Bestände an allen großen Flüssen gefunden. Die Abbildung rechts stammt vom Rheinufer bei Duisburg. Von anderen Autoren wird dieser Artenkombination der Assoziationsrang abgesprochen und als Leucanthemum - Rumex thyrsiflorus - Gesellschaft bezeichnet.

Rumex thyrsiflorus

 
Geranio-Trisetetum

In höheren Lagen tritt der Glatthafer zurück und Arten wie Goldhafer (Trisetum flavescens) und Wald-Storchschnabel (Geranium sylvaticum) gewinnen die Überhand. Solche Mittelgebirgswiesen werden einem eigenen Verband, dem Polygono-Trisetion, zugeordnet. Die obige Abbildung zeigt eine Waldstorchschnabel-Wiese (Geranio-Trisetetum) aus der höheren Eifel. Hierher gehören übrigens auch große Teile der wegen der Narzissen-Vorkommen bekannten Bärwurz-Wiesen in der Eifel.

Auf nassen Böden gehen die Glatthaferwiesen in Feuchtwiesen mit dominierendem Schlangen-Knöterich (Polygonum bistorta) über. Mangels spezieller Charakterarten werden solche Bestände als Polygonum bistorta - Gesellschaft bezeichnet. Diese Gesellschaft gehört bereits zu den Molinietalia.

Polygonum bistorta - Wiese
 

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Joachim Schmitz,  17.VII.2009
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