Schmitzens Botanikseite


BEOBACHTUNGEN ZU NEUEN UND SICH AUSBREITENDEN PFLANZENARTEN IN NORDRHEIN-WESTFALEN

- Joachim Schmitz -

Kurzfassung
Aktuelle Funde von drei Arten, die zumindest für das westliche Nordrhein-Westfalen neu sind, werden ausführlich dargestellt und diskutiert.
Geranium purpureum VILL. wurde in Kerpen-Horrem (5006/3) und Essen-Kettwig (4507/2) angetroffen und ist damit auch für Nordrhein-Westfalen nachgewiesen. Die zerstreuten Fundorte stützen die Vermutung, dass die Art schon länger vorhanden ist, aber bisher übersehen wurde.
Trifolium ochroleucon HUDS. wurde bei Stolberg (5203/1) gefunden. Die Literaturangaben sind nicht eindeutig; zumindest für das westliche Rheinland dürfte die Art neu sein.
Fumaria montana J. A. SCHMIDT wurde 1996 in Velbert-Langenberg (4608/2) und im Jahr 2000 in Aachen (5202/1) gefunden. Die Art stammt aus Makaronesien und ist anscheinend völlig neu für Deutschland.
Kurz besprochen werden jüngere Adventivvorkommen von Veronica peregrina L., Polycarpon tetraphyllum (L.)L., Gypsophila muralis L., Plantago coronopus L. und Portulaca oleracea L. ssp. oleracea. Zahlreiche weitere vorübergehende Verwilderungen, hauptsächlich im Raum Aachen, werden kurz zusammengefasst.

Abstract
Recent foundings of three species’, that are at least new for the western Northrhine-Westfalia are extensively described and discussed.
Geranium purpureum VILL. was found in Kerpen-Horrem (5006/3) and Essen-Kettwig (4507/2). These are the first records in Northrhine-Westfalia. The disjunction of the places underlines the assumption, that this species had invaded a longer time ago, but until now had been neglected.
Trifolium ochroleucon HUDS. appeared near Stolberg (5203/1). Origin and the way of import are doubtful.
Apparently new for whole Germany is Fumaria montana J. A. SCHMIDT. This species occured in Velbert-Langenberg (4608/2) and in Aachen (5202/1). It comes from the Macaronesian Islands.
Briefly discussed are foundings of Veronica peregrina L., Polycarpon tetraphyllum (L.)L., Gypsophila muralis L., Plantago coronopus L. and Portulaca oleracea L. ssp. oleracea. Many more temporary occurences of adventive plants, especially near Aachen, are summarized.

Keywords
New and temporary species’, Northrhine-Westfalia, Geranium purpureum, Trifolium ochroleucon, Fumaria montana, first record in Germany.
 

Einleitung
In jüngerer Zeit häufen sich die Fundmeldungen neu auftauchender oder sich ausbreitender Pflanzen, besonders von wärmeliebenden oder frostempfindlichen Arten, die sich nach Norden bzw. Osten ausbreiten, oder sogar von „Exoten" von anderen Kontinenten. Mehrere eigene Funde im Frühsommer 2000 nahm der Verfasser zum Anlass, diese und ältere Funde zusammenzustellen und im Folgenden darzulegen.
Ausführlich werden Funde von Geranium purpureum VILL., Trifolium ochroleucon HUDS. und Fumaria montana J. A. SCHMIDT besprochen. Weitere, überwiegend ephemere Verwilderungen werden summarisch behandelt.
 

Geranium purpureum VILL.
Nach der Veröffentlichung von HÜGIN et al. (1995) hat der Verfasser zunächst ohne Erfolg am Mittelrhein nach dieser Art gesucht. Mehr oder weniger aus Zufall fanden sich am 19. April 2000 bei Winningen an der Mosel (5610/4) ungewöhnlich früh blühende, Geranium robertianum ähnliche Pflanzen, die sich schnell als Exemplare von Geranium purpureum herausstellten. In der zitierten Arbeit ist dieser Fundort nicht enthalten, was aber wohl nur daran liegt, dass die Autoren die Mosel nicht untersucht haben, denn von den klimatischen Ansprüchen entspricht die Stelle ohne Weiteres den dort genannten Fundorten. Zur größten Überraschung sah der Verfasser wenige Tage später im Gleisschotter im Bahnhof Horrem (5006/3) an der Strecke Aachen-Köln wieder die gleiche Art. Dadurch aufmerksam gemacht, wurde jeder beim Umsteigen oder sonstwie erreichbare Bahnsteig gemustert und am 9. Mai 2000 konnte die Art im Bahnhof Essen-Kettwig (4607/2) noch einmal gefunden werden. Da der Artikel von HÜGIN et al. (a.a.O.) nahelegt, dass die Ausbreitung den Eisenbahnstrecken gefolgt ist, hat der Verfasser daraufhin auch andere Stationen an der S-Bahnlinie 6 (Essen-Düsseldorf) inspiziert, aber trotz intensiver Suche (soweit das vom Bahnsteig aus möglich ist) z.B. in Ratingen Ost oder in Hösel nichts finden können.

Damit ist Geranium purpureum auch für Nordrhein-Westfalen nachgewiesen und zwar für folgende Fundorte:
4607/2 Kettwig Bahnhof,
5006/3 Horrem Bahnhof.

Inwieweit das letztere Vorkommen durch die umfassenden Baumaßnahmen im Bahnhof Horrem gefährdet ist, wird sich zeigen müssen. Im Zuge des Baus der S-Bahn Köln-Düren finden umfangreiche Erdarbeiten statt; Bahnsteige und Gleislagen werden völlig neu gestaltet.

HÜGIN et al. (a.a.O.) haben bereits die Vermutung geäußert, dass die Art schon länger eingebürgert ist und nur nicht erkannt wurde. Die wenigen hier dargestellten Fundpunkte stützen diese Annahme. Besonders die Beobachtungen an der S-Bahnlinie 6 (Essen-Düsseldorf) belegen, dass sich die Art nicht aktuell entlang der Eisenbahnstrecken ausbreitet, wie dies vor Jahren z.B. bei Senecio inaequidens zu beobachten war.
Es ist deshalb naheliegend, dass die Art auch an weiteren klimabegünstigten Stellen in Nordrhein-Westfalen vorkommen könnte. In diesem Zusammenhang ist es von Interesse, dass Kettwig in den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts bereits unter Botanikern bekannt war, weil aus den Abfällen einer Baumwolle verarbeitenden Fabrik zahlreiche exotische Arten heranwuchsen. Offensichtlich ist das Kleinklima hier schon immer günstig für kälteempfindliche, fremde Arten gewesen.
 

Trifolium ochroleucon HUDS.
Der Blassgelbe Klee ist eine submediterran-subatlantische Art, die in Westdeutschland entsprechend an Mosel und Mittelrhein die Nordgrenze ihrer Verbreitung findet. Ob die Art dabei die Grenze nach Nordrhein-Westfalen überschritten hat, ist unsicher. Während HAEUPLER (1988) mehrere verschollene oder erloschene Fundorte in der Eifel und am nördlichen Mittelrhein und ein rezentes Vorkommen im Blatt Köln-Mülheim angibt, fehlt die Art im Atlas der Farn- und Blütenpflanzen des Rheinlandes (SCHUMACHER 1995) völlig. GAMS benutzt im HEGI (1964: 1349) noch die Bezeichnung „Rheinprovinz", so dass dies auch keinen Aufschluss gibt. Gelegentlich wurden auch adventive Vorkommen gemeldet, wobei aber auch Fehlbestimmungen vorgekommen sein mögen. GAMS erwähnt im HEGI (a.a.O.) eine Verwechslung mit Trifolium pratense ssp. maritimum und wenn man bei RUNGE (1989: 201) lesen kann, dass die Art auf einem Acker bei Holzminden vorgekommen sein soll, drängt sich angesichts des Biotops die Frage auf, ob es sich dabei nicht um Trifolium alexandrinum gehandelt hat.

Am 12. Juni 2000 fand der Verfasser Trifolium ochroleucon in einem ehemaligen Steinbruchgelände südlich Stolberg (5203/1) am Rande einer ehemaligen LKW-Piste. Es handelt sich anscheinend um ein einziges, mehrtriebiges Exemplar, was auf ein gewisses Alter schließen lässt. Weitere Pflanzen wurden nicht gefunden. Es ist aber nicht auszuschließen, dass in dem weiten, in vielen Teilen schwer zugänglichen Gelände noch mehr Exemplare vorkommen. Die Pflanze ähnelt im Habitus abgesehen von der Blütenfarbe Trifolium pratense. Dadurch, dass ein Kelchzahn extrem verlängert ist, ist der Blassgelbe Klee aber sicher von eventuellen apochromen Variationen des Wiesen-Klees zu unterscheiden.

Der Verfasser kennt den Fundort seit langem und hat 1990 im Rahmen eines Gutachtens zur Ausweisung als NSG das Gelände eine ganze Vegetationsperiode lang intensiv untersucht. Deshalb ist es schwer vorstellbar, dass Trifolium ochroleucon damals schon vorkam oder zumindest zu blühfähiger Größe herangewachsen war. Andererseits sind die nächsten rezenten Vorkommen (einschließlich Belgien) so weit weg, dass unklar ist, wie die Pflanze eingeschleppt worden sein könnte. In ausgewiesenen Schutzgebieten muss man auch in Betracht ziehen, dass seltene Arten aus falsch verstandenem Naturschutz angesalbt werden. Dies ist verschiedentlich mit Orchideen zu beobachten. Bei einem so unspektakulären Klee erscheint dies aber eher unwahrscheinlich. Ob die Pflanze sich halten oder gar ausbreiten kann, wird sich zeigen müssen. Derzeit ist der Status nicht beurteilbar.
 

Fumaria montana J. A. SCHMIDT
Am 26. August 1996 fiel unter diversen Gartenabfällen in einer Straßenzeile mit Einfamilienhäusern in Velbert-Langenberg (4608/2) eine seltsame Fumaria-Art auf, die zunächst nicht einzuordnen war. Die Art wächst weithin kriechend-aufsteigend und mehr oder weniger rankend und blüht dabei weißlich. Da sich die Art nach keiner deutschen Flora bestimmen ließ und der exakte Fundort auch nicht bekannt war (wobei stark anzunehmen ist, dass es irgendein Garten in der Straßenzeile gewesen sein muss), hat der Verfasser dies erstmal als Kuriosum auf sich beruhen lassen. Am 10. Juni 2000 fand sich aber dann eine ähnliche, wie sich herausstellen sollte die gleiche Art in Aachen in Cotoneaster-Beeten vor dem Audimax (5202/1). Deshalb kann man vermuten, dass die Art bereits weiter verbreitet ist, aber noch nicht erkannt wurde.

Die folgende Beschreibung richtet sich nach den besser dokumentierten Aachener Exemplaren. Abweichungen des Langenberger Exemplars sind in Klammern beigefügt:
Pflanze kriechend, z.T. mit den Blattstielen rankend; Fiedern breit, > 2mm; Blüten 8-9mm lang, weiß, bald rosa anlaufend, die seitlichen Petalen und meist auch das obere an der Spitze scharf dunkelrot - bei schwach gefärbten Blüten wenigstens dunkelgrün - abgesetzt; Kelch 3 (3,5) mm lang x 2,5 (2) mm breit, mehr (oder weniger) gezähnt; Frucht etwa 2x2 mm groß (oder etwas mehr), mehr oder weniger glatt und schwach gekielt (deutlicher runzelig und deutlich gekielt); Brakteen meist etwas kürzer als die Blütenstiele; Fruchtstiele mehr oder weniger aufrecht-abstehend, vereinzelt auch zurückgebogen, dies aber am selben Trieb wie die anderen Fruchtstände; Infloreszenzen etwa 10-15blütig; Blütenstände kurz gestielt (oder bis so lang wie der Infloreszenzstiel).

Die Art war wiegesagt mit den gängigen Floren nicht zu identifizieren. Selbst in der Flora Europaea (TUTIN 1993: 306f) bleibt man schon an der ersten Alternative hängen; denn man muss sich entweder für Pflanzen mit breiten Fiedern und über 9mm langen Blüten oder mit schmalen Fiedern und kleinen Blüten entscheiden. Pflanzen mit kleinen Blüten und breiten Fiedern sind da nicht vorgesehen.
Erst die Monographie von LIDÉN (1986) ergab, dass es sich nur um Fumaria montana handeln kann. Die Kombination der Merkmale der sectio Capreolatae (breite Fiedern, lang-kriechender bis rankender Wuchs) mit den kleinen, wenigstens anfangs weißen Blüten lässt auch in der für ihre Variabilität berüchtigten Gattung Fumaria kaum eine andere Interpretation zu. Zum Beleg sei hier die Beschreibung von LIDÉN (1986: 72f) wiedergegeben: „Erect or usually diffuse, branched from the base. Racemes 8-19-flowered, as long as or usually longer than the peduncle. Bracts 2/3- 1 1/3  as long as the thickend erectopatent pedicels. Sepals dentate, 2,5-4 x 1,5-2,5mm. Corolla 7-10mm, white, often soon flushed red. Inner petals and sometimes the upper petal blotched with dark purple. Upper petal with a short, broad, ascending spur. Lower petal rather broadly winged, linear or slightly dilated towards the apex. Nectary very short, broad, flat and sharply bent (Fig. 61 B). Fruit 2-2,5 x 2-2,75 (-3) mm, slightly retuse, rugose to almost smooth, slightly to conspicuously keeled."
Insgesamt bewegen sich die Funde also innerhalb der Variationsbreite der Art. Was die Orientierung der Fruchstiele angeht, ist noch hinzuzufügen, dass LIDÉN (a.a.O.) das Auftreten zurückgekrümmter Fruchtstiele als Schattenmodifikation schildert. Da die Art in keiner geläufigen europäischen Flora erwähnt wird, sei hier auch das volle Autorenzitat angegeben:
SCHMIDT, J.A. (1852): Beiträge zur Flora der Cap Verdischen Inseln. - Heidelberg.

Fumaria montana stammt aus Makaronesien, also den dem afrikanischen Kontinent westlich vorgelagerten Atlantikinseln, z.B. den Kanarischen Inseln. Angesichts des intensiven Tourismus kann man sich eine Einschleppung nach Europa leicht vorstellen. Bei Botanikern sind die Kanarischen Inseln berühmt-berüchtigt wegen der zahlreichen, aus mehreren Kontinenten eingebrachten und verwilderten Arten. Mit Fumaria montana liegt nun kurioserweise der umgekehrte Fall vor.

In ihrer Heimat soll die Art auf trockenen Hängen mit Erica-Cytisus-Gebüsch und anderen Trockenvegetationen auf Basaltfels wachsen. Die Fundorte in Nordrhein-Westfalen sind beide synanthrop. Naturgemäß sind „Unkräuter" in Gartenbeeten u.ä. immer kurzlebig, so dass sich der Status schwer abschätzen lässt. Die Tatsache, dass die Art an zwei weit entfernten Punkten aufgetreten ist, stärkt aber den Verdacht, dass Fumaria montana schon weiter verbreitet und bisher verkannt worden ist.
 

Weitere vorübergehend (?) verwildernde Arten
An Pflasterritzen, Hauswänden, Baumscheiben und ähnlichen Stellen im Bereich der Innenstädte kann man immer wieder Adventivpflanzen finden. Zum Teil handelt es sich um ausgewilderte Zierpflanzen - die Stammpflanzen findet man dann meistens schnell in der Nähe in Blumenkübeln, Balkonkästen usw. - zum Teil handelt es sich um bewusst oder unbewusst ausgesäte Pflanzen. Z.B. tauchen öfters typische Vogelfutterpflanzen auf, die aus dem Abfall gereinigter Vogelkäfige stammen, und dann gibt es noch die Zeitgenossen, die deshalb Vogelfutter im öffentlichen Raum ausstreuen, weil sie auf das Keimen von Hanf und Schlafmohn hoffen. Schließlich bleibt noch ein kleiner Rest von Arten, die anscheinend spontan auftauchen. Übrigens ist die Reichhaltigkeit dieser speziellen Flora von Stadt zu Stadt sehr unterschiedlich. Dies hängt wohl vor allem davon ab, wie intensiv Grünflächen und Bürgersteige von der jeweiligen Stadtverwaltung „gepflegt" und gereinigt werden. Offensichtlich ist die Aachener Stadtverwaltung ziemlich großzügig. Dass fast alle der folgenden Beobachtungen in Aachen (5202/1+2) gemacht wurden, liegt deshalb nicht nur daran, dass hier der Wohnort des Verfassers liegt. Soweit es sich um Funde aus Aachen handelt, wird die Stadt nicht extra genannt.

Anscheinend fest eingebürgert ist Veronica peregrina L. (dem Verfasser seit 1991 in 5202/2 bekannt).
Tendenz zur Einbürgerung zeigt Polycarpon tetraphyllum (L.)L., das 1997 von SAVELSBERGH (1997a) in 5202/2 entdeckt wurde. Im Sommer 2000 zeigte sich der Bestand kräftig ausgebreitet. Die Fläche ist allerdings noch so klein, dass z.B. die Einrichtung einer Straßenbaustelle das Vorkommen vernichten könnte.
Gypsophila muralis L. wurde ebenfalls von SAVELSBERGH (1997b) 1997 in 5202/2 entdeckt. Am dort genannten Fundort fand der Verfasser im Juli 2000 keine Pflanzen, wohl aber in einer ganz anderen Ecke der Stadt, der sogenannten Bastei (5202/2). Für die hier besprochene Vegetation ist es typisch, dass die Pflanzen nach Bekämpfungsaktionen, je nach Wetterverlauf oder aufgrund anderer Einflüsse in einem Jahr völlig ausfallen können. Dies macht die Beurteilung des Status besonders schwierig. Außerdem ist die Art neuerdings im besser sortierten Gartenhandel zu haben. Es ist also auch nicht völlig auszuschließen, dass es sich um ausgewilderte Zierpflanzen handelt, die ohne Samennachschub aus den kultivierten Pflanzen vielleicht auf Dauer nicht überlebensfähig sind.
Am 17. Juli 2000 entdeckte der Verfasser in der Stolberger Straße im Aachener Ostviertel (5202/2) am Fuß eines Mietshauses ein Büschel von Plantago coronopus L. Da es sich um einen aktuellen Neufund handelt, lässt sich über den Status noch nichts sagen. Die Art gilt als Halophyt, der sich neuerdings nach GARVE & GARVE (2000) auch an streusalzbeeinflussten Straßenrändern ausbreitet. Die Fundortumstände geben aber hier keinen Hinweis auf eine nennenswerte Salzbelastung. ADOLPHI (1999) beschreibt ein ähnliches Vorkommen in Köln-Ehrenfeld (5007/2), bei dem auch keine erhöhte Salzbelastung erkennbar ist. Im Zuge der Renaissance von Wildgemüse und -salaten ist übrigens auch der Krähenfuß-Wegerich in jüngster Zeit ins Sortiment des Samenhandels gekommen. Traditionell wurde er immer schon in Holland kultiviert. Vielleicht geht die Ausbreitung eher von solchen Gartenkulturen aus.
Obwohl es sich um die niederliegende Wildform des Portulaks (Portulaca oleracea L. ssp. oleracea) handelt, stammen die Exemplare, die am 28 Juli 2000 in der Aachener Bismarckstraße (5202/2) gefunden wurden, wohl von Kulturpflanzen ab. Auch der Portulak macht als „Omas Gemüse" wieder Karriere. Ob sich die wärmeliebende Art hier halten kann, erscheint sehr zweifelhaft.

Eine Reihe von Zierpflanzen verwildert leicht, verschwindet aber über kurz oder lang, wenn der Samennachschub von den kultivierten Pflanzen ausbleibt. Nach den Erfahrungen des Verfassers gehören hierzu: Erigeron karvinskianus DC. (1990 am Karman-Auditorium [5202/1], 2000 in Burtscheid [5202/2]), Leucanthemum paludosum (POIRET) BONNET & BARRATTE (1992 in der Beeckstraße [5202/2], 1993 Platz am „Kehrmännchen" [5202/1]) - ADOLPHI & NOWACK (1992) nenen Fundorte in Köln und Leiden (Holland) - , Lobelia erinus L. (1990 bis 1993 mehrfach in 5202/1+2), Lobularia maritima (L.)DESV. (1991 am Kaiserplatz [5202/2]) und Petunia x atkinsiana D. DON (1993 Platz am „Kehrmännchen" [5202/1]).

Schließlich tauchten kurzfristig, besonders in Baumscheiben und ähnlichen Grünflächen, folgende Arten auf. In Klammern ist das Jahr des Fundes angegeben, Ort und Quadrant werden nur genannt, wenn es nicht Aachen (Ostteil) (5202/2) ist:
Ambrosia artemisiifolia L. (1990), Ammi majus L. (1988), Beta vulgaris L. (1988 im Westviertel [5202/1]), Bromus arvensis L. (1988 im Westviertel [5202/1]), Cichorium endivia L. (1988), Claytonia perfoliata DONN ex WILLD. (1990), Hyoscyamus niger L. (1988 im Westviertel [5202/1]), Hyssopus officinalis L. (1994 in Wuppertal-Vohwinkel [4708/3]), Lactuca sativa L. (1992), Leonurus cardiaca L. ssp. (1988), Linum usitatissimum L. (1988), Panicum miliaceum L. (1989), Papaver somniferum L. (1988 und 2000, 1996 auch in Essen-Steele [4508/3]), Phalaris canariensis L. (1988), Picris echioides L. (1988 im Westviertel [5202/1]), Pisum sativum L. (1988), Potentilla norvegica L. (1988 im Westviertel [5202/1]), Silybum marianum (L.) P. GAERTN. (1999), Sorghum halepense (L.) PERS. (1989).
 

Schlussbetrachtung
Bis auf Trifolium ochroleucon handelt es sich durchweg um synanthrope Arten oder solche, die bei uns in der Regel in künstlichen Biotopen wie Verkehrswegen, städtischen Siedlungflächen oder in Beeten und Grünanlagen vorkommen. Der hohe Anteil wärmeliebender Arten aus südlicheren Zonen oder anderen Kontinenten ist z.T. mit dem besonderen Klima in größeren Städten und Ballungsgebieten, sicher aber auch mit der allgemeinen Klimaerwärmung in Deutschland in den letzten 10 bis 15 Jahren in Verbindung zu bringen. „Exotische" Arten tauchten schon immer sporadisch an Häfen, Güterbahnhöfen usw. auf, konnten sich aber nie lange halten geschweige denn ausbreiten. Dies scheint sich nun zu ändern. Das bekannteste Beispiel ist Senecio inaequidens. Diese südafrikanische Art kam jahrzehntelang nicht über die unmittelbare Nähe von Seehäfen hinaus und ist heute in Deutschland eine Allerweltspflanze.
Deshalb ist damit zu rechnen, dass Beobachtungen neuer Pflanzenarten noch weiter zunehmen werden. Während der Arbeit am Manuskript, hat der Verfasser selbst eine adventive Silene-Art gefunden, deren Identität noch nicht geklärt ist.
 

Literatur
ADOLPHI, K (1999): Armeria maritima und Plantago coronopus - zwei neue Straßenrandhalophyten
im Rheinland. - Braunschweiger Geobot. Arb. 6: 201-203.
ADOLPHI, K., & K. NOWACK (1992): Leucanthemum paludosum (POIRET) BONNET & BARRATTE -
Eine beliebte Zierpflanze mit Einbürgerungstendenz? - Flor. Rundbr. 26(2): 107-109.
GARVE, E. & V. GARVE (2000): Halophyten an Kalihalden in Deutschland und Frankreich (Elsass). -
Tuexenia 20: 375-417.
HAEUPLER, A. (Hrsg.) (1988): Atlas der Farn- und Blütenpflanzen der Bundesrepublik Deutschland. -
Stuttgart.
HEGI, G. (1964): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band IV/3 (Leguminosae - Tropaeolaceae).
2. Aufl., Nachdruck der 1. Aufl. von 1925 mit Nachtrag. - Berlin & Hamburg.
HÜGIN, G., MAZOMEIT, J. & P. WOLFF (1995): Geranium purpureum - Ein weit verbreitetet Neophyt
auf Eisenbahnschotter in Südwestdeutschland. - Flor. Rundbr. 29(1): 37-41.
LIDÉN, M. (1986): Synopsis of Fumarioideae (Papaveraceae) with a monograph of the tribe Fumarieae.
- Opera Bot. 88: 1-133. Copenhagen.
RUNGE, F. (1989): Die Flora Westfalens. 3.Aufl. - Münster.
SAVELSBERGH, E. (1997a): Polycarpon tetraphyllum (L.) L. (Vierblättriges Nagelkraut) - ein Neuling
der Aachener Stadtflora (TK 25 5202/21). - Flor. Rundbr. 31(2): 157-158.
SAVELSBERGH, E. (1997b): Gypsophila muralis L. neu in Aachens Innenstadt (TK 25 5202/231). -
Flor. Rundbr. 31(2): 143-144.
SCHUMACHER, W. (Hrsg.) (1995): Atlas der Farn- und Blütenpflanzen des Rheinlandes. - Bonn (Abt.
Geobotanik und Naturschutz, Inst. f. Landw. Botanik, Univ. Bonn).
TUTIN, T.G. et al. (Hrsg.) (1993): Flora Europaea. Vol.1. Psilotaceae to Platanaceae. 2.Aufl. -
Cambridge.
 

Anschrift des Verfassers:

Joachim Schmitz
Beeckstraße 12
52062 Aachen
 
 

 

Abb.1: Fumaria montana J. A. SCHMIDT. Aachen, 10. Juni 2000.



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