BEOBACHTUNGEN ZU NEUEN UND SICH AUSBREITENDEN PFLANZENARTEN IN NORDRHEIN-WESTFALEN
- Joachim Schmitz -
Kurzfassung
Aktuelle Funde von drei Arten, die zumindest für das westliche
Nordrhein-Westfalen neu sind, werden ausführlich dargestellt und diskutiert.
Geranium purpureum VILL. wurde in Kerpen-Horrem (5006/3) und
Essen-Kettwig (4507/2) angetroffen und ist damit auch für Nordrhein-Westfalen
nachgewiesen. Die zerstreuten Fundorte stützen die Vermutung, dass
die Art schon länger vorhanden ist, aber bisher übersehen wurde.
Trifolium ochroleucon HUDS. wurde bei Stolberg (5203/1) gefunden.
Die Literaturangaben sind nicht eindeutig; zumindest für das westliche
Rheinland dürfte die Art neu sein.
Fumaria montana J. A. SCHMIDT wurde 1996 in Velbert-Langenberg
(4608/2) und im Jahr 2000 in Aachen (5202/1) gefunden. Die Art stammt aus
Makaronesien und ist anscheinend völlig neu für Deutschland.
Kurz besprochen werden jüngere Adventivvorkommen von Veronica
peregrina L., Polycarpon tetraphyllum (L.)L., Gypsophila
muralis L., Plantago coronopus L. und Portulaca oleracea
L. ssp. oleracea. Zahlreiche weitere vorübergehende Verwilderungen,
hauptsächlich im Raum Aachen, werden kurz zusammengefasst.
Abstract
Recent foundings of three species’, that are at least new for the western
Northrhine-Westfalia are extensively described and discussed.
Geranium purpureum VILL. was found in Kerpen-Horrem (5006/3)
and Essen-Kettwig (4507/2). These are the first records in Northrhine-Westfalia.
The disjunction of the places underlines the assumption, that this species
had invaded a longer time ago, but until now had been neglected.
Trifolium ochroleucon HUDS. appeared near Stolberg (5203/1).
Origin and the way of import are doubtful.
Apparently new for whole Germany is Fumaria montana J. A. SCHMIDT.
This species occured in Velbert-Langenberg (4608/2) and in Aachen (5202/1).
It comes from the Macaronesian Islands.
Briefly discussed are foundings of Veronica peregrina L., Polycarpon
tetraphyllum (L.)L., Gypsophila muralis L., Plantago coronopus
L. and Portulaca oleracea L. ssp. oleracea. Many more temporary
occurences of adventive plants, especially near Aachen, are summarized.
Keywords
New and temporary species’, Northrhine-Westfalia, Geranium purpureum,
Trifolium ochroleucon, Fumaria montana, first record in Germany.
Einleitung
In jüngerer Zeit häufen sich die Fundmeldungen neu auftauchender
oder sich ausbreitender Pflanzen, besonders von wärmeliebenden oder
frostempfindlichen Arten, die sich nach Norden bzw. Osten ausbreiten, oder
sogar von „Exoten" von anderen Kontinenten. Mehrere eigene Funde im Frühsommer
2000 nahm der Verfasser zum Anlass, diese und ältere Funde zusammenzustellen
und im Folgenden darzulegen.
Ausführlich werden Funde von Geranium purpureum VILL.,
Trifolium ochroleucon HUDS. und Fumaria montana J. A. SCHMIDT
besprochen. Weitere, überwiegend ephemere Verwilderungen werden summarisch
behandelt.
Geranium purpureum VILL.
Nach der Veröffentlichung von HÜGIN et al. (1995) hat der
Verfasser zunächst ohne Erfolg am Mittelrhein nach dieser Art gesucht.
Mehr oder weniger aus Zufall fanden sich am 19. April 2000 bei Winningen
an der Mosel (5610/4) ungewöhnlich früh blühende, Geranium
robertianum ähnliche Pflanzen, die sich schnell als Exemplare
von Geranium purpureum herausstellten. In der zitierten Arbeit ist
dieser Fundort nicht enthalten, was aber wohl nur daran liegt, dass die
Autoren die Mosel nicht untersucht haben, denn von den klimatischen Ansprüchen
entspricht die Stelle ohne Weiteres den dort genannten Fundorten. Zur größten
Überraschung sah der Verfasser wenige Tage später im Gleisschotter
im Bahnhof Horrem (5006/3) an der Strecke Aachen-Köln wieder die gleiche
Art. Dadurch aufmerksam gemacht, wurde jeder beim Umsteigen oder sonstwie
erreichbare Bahnsteig gemustert und am 9. Mai 2000 konnte die Art im Bahnhof
Essen-Kettwig (4607/2) noch einmal gefunden werden. Da der Artikel von
HÜGIN et al. (a.a.O.) nahelegt, dass die Ausbreitung den Eisenbahnstrecken
gefolgt ist, hat der Verfasser daraufhin auch andere Stationen an der S-Bahnlinie
6 (Essen-Düsseldorf) inspiziert, aber trotz intensiver Suche (soweit
das vom Bahnsteig aus möglich ist) z.B. in Ratingen Ost oder in Hösel
nichts finden können.
Damit ist Geranium purpureum auch für Nordrhein-Westfalen
nachgewiesen und zwar für folgende Fundorte:
4607/2 Kettwig Bahnhof,
5006/3 Horrem Bahnhof.
Inwieweit das letztere Vorkommen durch die umfassenden Baumaßnahmen im Bahnhof Horrem gefährdet ist, wird sich zeigen müssen. Im Zuge des Baus der S-Bahn Köln-Düren finden umfangreiche Erdarbeiten statt; Bahnsteige und Gleislagen werden völlig neu gestaltet.
HÜGIN et al. (a.a.O.) haben bereits die Vermutung geäußert,
dass die Art schon länger eingebürgert ist und nur nicht erkannt
wurde. Die wenigen hier dargestellten Fundpunkte stützen diese Annahme.
Besonders die Beobachtungen an der S-Bahnlinie 6 (Essen-Düsseldorf)
belegen, dass sich die Art nicht aktuell entlang der Eisenbahnstrecken
ausbreitet, wie dies vor Jahren z.B. bei Senecio inaequidens zu
beobachten war.
Es ist deshalb naheliegend, dass die Art auch an weiteren klimabegünstigten
Stellen in Nordrhein-Westfalen vorkommen könnte. In diesem Zusammenhang
ist es von Interesse, dass Kettwig in den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts
bereits unter Botanikern bekannt war, weil aus den Abfällen einer
Baumwolle verarbeitenden Fabrik zahlreiche exotische Arten heranwuchsen.
Offensichtlich ist das Kleinklima hier schon immer günstig für
kälteempfindliche, fremde Arten gewesen.
Trifolium ochroleucon HUDS.
Der Blassgelbe Klee ist eine submediterran-subatlantische Art, die
in Westdeutschland entsprechend an Mosel und Mittelrhein die Nordgrenze
ihrer Verbreitung findet. Ob die Art dabei die Grenze nach Nordrhein-Westfalen
überschritten hat, ist unsicher. Während HAEUPLER (1988) mehrere
verschollene oder erloschene Fundorte in der Eifel und am nördlichen
Mittelrhein und ein rezentes Vorkommen im Blatt Köln-Mülheim
angibt, fehlt die Art im Atlas der Farn- und Blütenpflanzen des Rheinlandes
(SCHUMACHER 1995) völlig. GAMS benutzt im HEGI (1964: 1349) noch die
Bezeichnung „Rheinprovinz", so dass dies auch keinen Aufschluss gibt. Gelegentlich
wurden auch adventive Vorkommen gemeldet, wobei aber auch Fehlbestimmungen
vorgekommen sein mögen. GAMS erwähnt im HEGI (a.a.O.) eine Verwechslung
mit Trifolium pratense ssp. maritimum und wenn man bei RUNGE
(1989: 201) lesen kann, dass die Art auf einem Acker bei Holzminden vorgekommen
sein soll, drängt sich angesichts des Biotops die Frage auf, ob es
sich dabei nicht um Trifolium alexandrinum gehandelt hat.
Am 12. Juni 2000 fand der Verfasser Trifolium ochroleucon in einem ehemaligen Steinbruchgelände südlich Stolberg (5203/1) am Rande einer ehemaligen LKW-Piste. Es handelt sich anscheinend um ein einziges, mehrtriebiges Exemplar, was auf ein gewisses Alter schließen lässt. Weitere Pflanzen wurden nicht gefunden. Es ist aber nicht auszuschließen, dass in dem weiten, in vielen Teilen schwer zugänglichen Gelände noch mehr Exemplare vorkommen. Die Pflanze ähnelt im Habitus abgesehen von der Blütenfarbe Trifolium pratense. Dadurch, dass ein Kelchzahn extrem verlängert ist, ist der Blassgelbe Klee aber sicher von eventuellen apochromen Variationen des Wiesen-Klees zu unterscheiden.
Der Verfasser kennt den Fundort seit langem und hat 1990 im Rahmen eines
Gutachtens zur Ausweisung als NSG das Gelände eine ganze Vegetationsperiode
lang intensiv untersucht. Deshalb ist es schwer vorstellbar, dass Trifolium
ochroleucon damals schon vorkam oder zumindest zu blühfähiger
Größe herangewachsen war. Andererseits sind die nächsten
rezenten Vorkommen (einschließlich Belgien) so weit weg, dass unklar
ist, wie die Pflanze eingeschleppt worden sein könnte. In ausgewiesenen
Schutzgebieten muss man auch in Betracht ziehen, dass seltene Arten aus
falsch verstandenem Naturschutz angesalbt werden. Dies ist verschiedentlich
mit Orchideen zu beobachten. Bei einem so unspektakulären Klee erscheint
dies aber eher unwahrscheinlich. Ob die Pflanze sich halten oder gar ausbreiten
kann, wird sich zeigen müssen. Derzeit ist der Status nicht beurteilbar.
Fumaria montana J. A. SCHMIDT
Am 26. August 1996 fiel unter diversen Gartenabfällen in einer
Straßenzeile mit Einfamilienhäusern in Velbert-Langenberg (4608/2)
eine seltsame Fumaria-Art auf, die zunächst nicht einzuordnen
war. Die Art wächst weithin kriechend-aufsteigend und mehr oder weniger
rankend und blüht dabei weißlich. Da sich die Art nach keiner
deutschen Flora bestimmen ließ und der exakte Fundort auch nicht
bekannt war (wobei stark anzunehmen ist, dass es irgendein Garten in der
Straßenzeile gewesen sein muss), hat der Verfasser dies erstmal als
Kuriosum auf sich beruhen lassen. Am 10. Juni 2000 fand sich aber dann
eine ähnliche, wie sich herausstellen sollte die gleiche Art in Aachen
in Cotoneaster-Beeten vor dem Audimax (5202/1). Deshalb kann man
vermuten, dass die Art bereits weiter verbreitet ist, aber noch nicht erkannt
wurde.
Die folgende Beschreibung richtet sich nach den besser dokumentierten
Aachener Exemplaren. Abweichungen des Langenberger Exemplars sind in Klammern
beigefügt:
Pflanze kriechend, z.T. mit den Blattstielen rankend; Fiedern breit,
> 2mm; Blüten 8-9mm lang, weiß, bald rosa anlaufend, die seitlichen
Petalen und meist auch das obere an der Spitze scharf dunkelrot - bei schwach
gefärbten Blüten wenigstens dunkelgrün - abgesetzt; Kelch
3 (3,5) mm lang x 2,5 (2) mm breit, mehr (oder weniger) gezähnt; Frucht
etwa 2x2 mm groß (oder etwas mehr), mehr oder weniger glatt und schwach
gekielt (deutlicher runzelig und deutlich gekielt); Brakteen meist etwas
kürzer als die Blütenstiele; Fruchtstiele mehr oder weniger aufrecht-abstehend,
vereinzelt auch zurückgebogen, dies aber am selben Trieb wie die anderen
Fruchtstände; Infloreszenzen etwa 10-15blütig; Blütenstände
kurz gestielt (oder bis so lang wie der Infloreszenzstiel).
Die Art war wiegesagt mit den gängigen Floren nicht zu identifizieren.
Selbst in der Flora Europaea (TUTIN 1993: 306f) bleibt man schon an der
ersten Alternative hängen; denn man muss sich entweder für Pflanzen
mit breiten Fiedern und über 9mm langen Blüten oder mit
schmalen Fiedern und kleinen Blüten entscheiden. Pflanzen mit kleinen
Blüten und breiten Fiedern sind da nicht vorgesehen.
Erst die Monographie von LIDÉN (1986) ergab, dass es sich nur
um Fumaria montana handeln kann. Die Kombination der Merkmale der
sectio Capreolatae (breite Fiedern, lang-kriechender bis rankender
Wuchs) mit den kleinen, wenigstens anfangs weißen Blüten lässt
auch in der für ihre Variabilität berüchtigten Gattung Fumaria
kaum eine andere Interpretation zu. Zum Beleg sei hier die Beschreibung
von LIDÉN (1986: 72f) wiedergegeben: „Erect or usually diffuse,
branched from the base. Racemes 8-19-flowered, as long as or usually longer
than the peduncle. Bracts 2/3- 1 1/3 as long as the thickend erectopatent
pedicels. Sepals dentate, 2,5-4 x 1,5-2,5mm. Corolla 7-10mm, white, often
soon flushed red. Inner petals and sometimes the upper petal blotched with
dark purple. Upper petal with a short, broad, ascending spur. Lower petal
rather broadly winged, linear or slightly dilated towards the apex. Nectary
very short, broad, flat and sharply bent (Fig. 61 B). Fruit 2-2,5 x 2-2,75
(-3) mm, slightly retuse, rugose to almost smooth, slightly to conspicuously
keeled."
Insgesamt bewegen sich die Funde also innerhalb der Variationsbreite
der Art. Was die Orientierung der Fruchstiele angeht, ist noch hinzuzufügen,
dass LIDÉN (a.a.O.) das Auftreten zurückgekrümmter Fruchtstiele
als Schattenmodifikation schildert. Da die Art in keiner geläufigen
europäischen Flora erwähnt wird, sei hier auch das volle Autorenzitat
angegeben:
SCHMIDT, J.A. (1852): Beiträge zur Flora der Cap Verdischen Inseln.
- Heidelberg.
Fumaria montana stammt aus Makaronesien, also den dem afrikanischen Kontinent westlich vorgelagerten Atlantikinseln, z.B. den Kanarischen Inseln. Angesichts des intensiven Tourismus kann man sich eine Einschleppung nach Europa leicht vorstellen. Bei Botanikern sind die Kanarischen Inseln berühmt-berüchtigt wegen der zahlreichen, aus mehreren Kontinenten eingebrachten und verwilderten Arten. Mit Fumaria montana liegt nun kurioserweise der umgekehrte Fall vor.
In ihrer Heimat soll die Art auf trockenen Hängen mit Erica-Cytisus-Gebüsch
und anderen Trockenvegetationen auf Basaltfels wachsen. Die Fundorte in
Nordrhein-Westfalen sind beide synanthrop. Naturgemäß sind „Unkräuter"
in Gartenbeeten u.ä. immer kurzlebig, so dass sich der Status schwer
abschätzen lässt. Die Tatsache, dass die Art an zwei weit entfernten
Punkten aufgetreten ist, stärkt aber den Verdacht, dass Fumaria
montana schon weiter verbreitet und bisher verkannt worden ist.
Weitere vorübergehend (?) verwildernde Arten
An Pflasterritzen, Hauswänden, Baumscheiben und ähnlichen
Stellen im Bereich der Innenstädte kann man immer wieder Adventivpflanzen
finden. Zum Teil handelt es sich um ausgewilderte Zierpflanzen - die Stammpflanzen
findet man dann meistens schnell in der Nähe in Blumenkübeln,
Balkonkästen usw. - zum Teil handelt es sich um bewusst oder unbewusst
ausgesäte Pflanzen. Z.B. tauchen öfters typische Vogelfutterpflanzen
auf, die aus dem Abfall gereinigter Vogelkäfige stammen, und dann
gibt es noch die Zeitgenossen, die deshalb Vogelfutter im öffentlichen
Raum ausstreuen, weil sie auf das Keimen von Hanf und Schlafmohn hoffen.
Schließlich bleibt noch ein kleiner Rest von Arten, die anscheinend
spontan auftauchen. Übrigens ist die Reichhaltigkeit dieser speziellen
Flora von Stadt zu Stadt sehr unterschiedlich. Dies hängt wohl vor
allem davon ab, wie intensiv Grünflächen und Bürgersteige
von der jeweiligen Stadtverwaltung „gepflegt" und gereinigt werden. Offensichtlich
ist die Aachener Stadtverwaltung ziemlich großzügig. Dass fast
alle der folgenden Beobachtungen in Aachen (5202/1+2) gemacht wurden, liegt
deshalb nicht nur daran, dass hier der Wohnort des Verfassers liegt. Soweit
es sich um Funde aus Aachen handelt, wird die Stadt nicht extra genannt.
Anscheinend fest eingebürgert ist Veronica peregrina L.
(dem Verfasser seit 1991 in 5202/2 bekannt).
Tendenz zur Einbürgerung zeigt Polycarpon tetraphyllum
(L.)L., das 1997 von SAVELSBERGH (1997a) in 5202/2 entdeckt wurde. Im Sommer
2000 zeigte sich der Bestand kräftig ausgebreitet. Die Fläche
ist allerdings noch so klein, dass z.B. die Einrichtung einer Straßenbaustelle
das Vorkommen vernichten könnte.
Gypsophila muralis L. wurde ebenfalls von SAVELSBERGH (1997b)
1997 in 5202/2 entdeckt. Am dort genannten Fundort fand der Verfasser im
Juli 2000 keine Pflanzen, wohl aber in einer ganz anderen Ecke der Stadt,
der sogenannten Bastei (5202/2). Für die hier besprochene Vegetation
ist es typisch, dass die Pflanzen nach Bekämpfungsaktionen, je nach
Wetterverlauf oder aufgrund anderer Einflüsse in einem Jahr völlig
ausfallen können. Dies macht die Beurteilung des Status besonders
schwierig. Außerdem ist die Art neuerdings im besser sortierten Gartenhandel
zu haben. Es ist also auch nicht völlig auszuschließen, dass
es sich um ausgewilderte Zierpflanzen handelt, die ohne Samennachschub
aus den kultivierten Pflanzen vielleicht auf Dauer nicht überlebensfähig
sind.
Am 17. Juli 2000 entdeckte der Verfasser in der Stolberger Straße
im Aachener Ostviertel (5202/2) am Fuß eines Mietshauses ein Büschel
von Plantago coronopus L. Da es sich um einen aktuellen Neufund
handelt, lässt sich über den Status noch nichts sagen. Die Art
gilt als Halophyt, der sich neuerdings nach GARVE & GARVE (2000) auch
an streusalzbeeinflussten Straßenrändern ausbreitet. Die Fundortumstände
geben aber hier keinen Hinweis auf eine nennenswerte Salzbelastung. ADOLPHI
(1999) beschreibt ein ähnliches Vorkommen in Köln-Ehrenfeld (5007/2),
bei dem auch keine erhöhte Salzbelastung erkennbar ist. Im Zuge der
Renaissance von Wildgemüse und -salaten ist übrigens auch der
Krähenfuß-Wegerich in jüngster Zeit ins Sortiment des Samenhandels
gekommen. Traditionell wurde er immer schon in Holland kultiviert. Vielleicht
geht die Ausbreitung eher von solchen Gartenkulturen aus.
Obwohl es sich um die niederliegende Wildform des Portulaks (Portulaca
oleracea L. ssp. oleracea) handelt, stammen die Exemplare, die
am 28 Juli 2000 in der Aachener Bismarckstraße (5202/2) gefunden
wurden, wohl von Kulturpflanzen ab. Auch der Portulak macht als „Omas Gemüse"
wieder Karriere. Ob sich die wärmeliebende Art hier halten kann, erscheint
sehr zweifelhaft.
Eine Reihe von Zierpflanzen verwildert leicht, verschwindet aber über kurz oder lang, wenn der Samennachschub von den kultivierten Pflanzen ausbleibt. Nach den Erfahrungen des Verfassers gehören hierzu: Erigeron karvinskianus DC. (1990 am Karman-Auditorium [5202/1], 2000 in Burtscheid [5202/2]), Leucanthemum paludosum (POIRET) BONNET & BARRATTE (1992 in der Beeckstraße [5202/2], 1993 Platz am „Kehrmännchen" [5202/1]) - ADOLPHI & NOWACK (1992) nenen Fundorte in Köln und Leiden (Holland) - , Lobelia erinus L. (1990 bis 1993 mehrfach in 5202/1+2), Lobularia maritima (L.)DESV. (1991 am Kaiserplatz [5202/2]) und Petunia x atkinsiana D. DON (1993 Platz am „Kehrmännchen" [5202/1]).
Schließlich tauchten kurzfristig, besonders in Baumscheiben und
ähnlichen Grünflächen, folgende Arten auf. In Klammern ist
das Jahr des Fundes angegeben, Ort und Quadrant werden nur genannt, wenn
es nicht Aachen (Ostteil) (5202/2) ist:
Ambrosia artemisiifolia L. (1990), Ammi majus L. (1988),
Beta vulgaris L. (1988 im Westviertel [5202/1]), Bromus arvensis
L. (1988 im Westviertel [5202/1]), Cichorium endivia L. (1988),
Claytonia perfoliata DONN ex WILLD. (1990), Hyoscyamus niger
L. (1988 im Westviertel [5202/1]), Hyssopus officinalis L. (1994
in Wuppertal-Vohwinkel [4708/3]), Lactuca sativa L. (1992), Leonurus
cardiaca L. ssp. (1988), Linum usitatissimum L. (1988), Panicum
miliaceum L. (1989), Papaver somniferum L. (1988 und 2000, 1996
auch in Essen-Steele [4508/3]), Phalaris canariensis L. (1988),
Picris echioides L. (1988 im Westviertel [5202/1]), Pisum sativum
L. (1988), Potentilla norvegica L. (1988 im Westviertel [5202/1]),
Silybum marianum (L.) P. GAERTN. (1999), Sorghum halepense
(L.) PERS. (1989).
Schlussbetrachtung
Bis auf Trifolium ochroleucon handelt es sich durchweg um synanthrope
Arten oder solche, die bei uns in der Regel in künstlichen Biotopen
wie Verkehrswegen, städtischen Siedlungflächen oder in Beeten
und Grünanlagen vorkommen. Der hohe Anteil wärmeliebender Arten
aus südlicheren Zonen oder anderen Kontinenten ist z.T. mit dem besonderen
Klima in größeren Städten und Ballungsgebieten, sicher
aber auch mit der allgemeinen Klimaerwärmung in Deutschland in den
letzten 10 bis 15 Jahren in Verbindung zu bringen. „Exotische" Arten tauchten
schon immer sporadisch an Häfen, Güterbahnhöfen usw. auf,
konnten sich aber nie lange halten geschweige denn ausbreiten. Dies scheint
sich nun zu ändern. Das bekannteste Beispiel ist Senecio inaequidens.
Diese südafrikanische Art kam jahrzehntelang nicht über die unmittelbare
Nähe von Seehäfen hinaus und ist heute in Deutschland eine Allerweltspflanze.
Deshalb ist damit zu rechnen, dass Beobachtungen neuer Pflanzenarten
noch weiter zunehmen werden. Während der Arbeit am Manuskript, hat
der Verfasser selbst eine adventive Silene-Art gefunden, deren Identität
noch nicht geklärt ist.
Literatur
ADOLPHI, K (1999): Armeria maritima und Plantago coronopus - zwei neue
Straßenrandhalophyten
im Rheinland. - Braunschweiger Geobot. Arb. 6: 201-203.
ADOLPHI, K., & K. NOWACK (1992): Leucanthemum paludosum (POIRET)
BONNET & BARRATTE -
Eine beliebte Zierpflanze mit Einbürgerungstendenz? - Flor. Rundbr.
26(2): 107-109.
GARVE, E. & V. GARVE (2000): Halophyten an Kalihalden in Deutschland
und Frankreich (Elsass). -
Tuexenia 20: 375-417.
HAEUPLER, A. (Hrsg.) (1988): Atlas der Farn- und Blütenpflanzen
der Bundesrepublik Deutschland. -
Stuttgart.
HEGI, G. (1964): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band IV/3 (Leguminosae
- Tropaeolaceae).
2. Aufl., Nachdruck der 1. Aufl. von 1925 mit Nachtrag. - Berlin &
Hamburg.
HÜGIN, G., MAZOMEIT, J. & P. WOLFF (1995): Geranium purpureum
- Ein weit verbreitetet Neophyt
auf Eisenbahnschotter in Südwestdeutschland. - Flor. Rundbr. 29(1):
37-41.
LIDÉN, M. (1986): Synopsis of Fumarioideae (Papaveraceae) with
a monograph of the tribe Fumarieae.
- Opera Bot. 88: 1-133. Copenhagen.
RUNGE, F. (1989): Die Flora Westfalens. 3.Aufl. - Münster.
SAVELSBERGH, E. (1997a): Polycarpon tetraphyllum (L.) L. (Vierblättriges
Nagelkraut) - ein Neuling
der Aachener Stadtflora (TK 25 5202/21). - Flor. Rundbr. 31(2): 157-158.
SAVELSBERGH, E. (1997b): Gypsophila muralis L. neu in Aachens Innenstadt
(TK 25 5202/231). -
Flor. Rundbr. 31(2): 143-144.
SCHUMACHER, W. (Hrsg.) (1995): Atlas der Farn- und Blütenpflanzen
des Rheinlandes. - Bonn (Abt.
Geobotanik und Naturschutz, Inst. f. Landw. Botanik, Univ. Bonn).
TUTIN, T.G. et al. (Hrsg.) (1993): Flora Europaea. Vol.1. Psilotaceae
to Platanaceae. 2.Aufl. -
Cambridge.
Anschrift des Verfassers:
Joachim Schmitz
Beeckstraße 12
52062 Aachen
Abb.1: Fumaria montana J. A. SCHMIDT. Aachen, 10. Juni 2000.