Allgemeines
 


Crepido-Festucetum
Im zeitigen Frühjahr ist der Fädige Ehrenpreis (Veronica filiformis) mit seinem himmelblauen Blüten oft aspektbestimmend.

Stark vom Menschen beeinflusste, naturferne Vegetationstypen lassen sich oft schwer pflanzensoziologisch fassen. Eine Ausnahme machen die Zierrasen, die in ihrer Artenkombination an Viehweiden anknüpfen. Die Pflanzen sind überwiegend klein und trittfest und ob sie nun von lebenden Tieren oder vom Rasenmäher gekürzt werden, ist für die Pflanzen so ziemlich das Gleiche. Der einzige Unterschied besteht darin, dass das Vieh die Pflanzen auf einer Weide unregelmäßig abfrisst, während Zierrasen viel öfter und dabei immer auf der ganzen Fläche gemäht werden.
 

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Charakterarten
 

Veronica filiformis

Die bezeichnendste Charakterart ist der Fädige Ehrenpreis (Veronica filiformis) (oben). Die Art kommt ursprünglich aus dem Kaukasus und Kleinasien und ist um 1915 aus Zierpflanzungen verwildert. Da man fast nie Früchte findet, ist zu vermuten, dass alle hiesigen Vorkommen von einer einzigen Mutterpflanze abstammen. Der Fädige Ehrenpreis wächst weithin kriechend, dem Boden aufliegend, wobei die Triebe immer wieder an den Knoten neu einwurzeln. Durch den Rasenmäher werden die Pflanzen in hunderte kurze Stücke geteilt, die gleich wieder einwurzeln können. Dadurch breitet sich die Art schnell flächenhaft auf einem Rasen aus. Ironischerweise fördert das Rasenmähen also die Verbreitung der Art.

 
Crepis capillaris
Mit seinen zähen, ausgebreitet wachsenden Trieben ist auch der Grüne Pippau (Crepis capillaris) gut gegen Tritt und häufiges Mähen gerüstet. Da er auch in anderen, stark gestörten Biotopen wie z.B. in ausdauernden Ruderalfluren vorkommt, gilt er nur als schwache Charakterart des Crepido-Festucetums.
 
Als Verbandscharakterart wird das Ausdauernde Lolchgras (Lolium perenne) (rechts) eingestuft. Es ist auch als "Englisches Raygras" bekannt. Als ausgesprochen trittfeste Art greift es auch in Plantaginetea-Geselschaften wie das Lolio-Polygonetum über. Da es mit 30-50cm Höhe schon relativ groß wird, kommt das Lolchgras in Zierrasen - besonders, wenn sie häufig gemäht werden - oft nicht zur Blüte.
 
 
 

Durch das Betreten durch Mensch und Tier bzw. bei Parkrasen auch das Befahren mit größeren Maschinen ist der Boden oft verdichtet. Deshalb sind Wechselfeuchtezeiger für Weiden und Zierrasen typisch, die ihren Schwerpunkt sonst eher in Flutrasen der Klasse Agrostietea haben. Solche Arten können als Differentialarten des Verbandes gewertet werden. Zwei Beipspiele sind unten abgebildet, links der Quendelblättrige Ehrenpreis (Veronica serpyllifolia ssp. serpyllifolia) und rechts der Rote Zahntrost (Odontites vulgaris).

Lolium perenne
 
Veronica serpyllifolia
Odontites rubra
 
Bellis perennis
 
 
Trifolium repens
Das bekannte Gänseblümchen (Bellis perennis) (oben) und der Weiß-Klee (Trifolium repens) (links) kommen auch im Unterbau von Wiesen vor und gelten deshalb als Ordnungscharakterarten. In Weiden und Zierrasen können sie sich aber deutlich stärker behaupten als in höherwüchsigen Mähwiesen.

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Vorkommen
 

Ursprünglich waren Zierrasen ein Luxus, den sich Fürsten in ihren Schlössern und Parks nach dem Vorbild englischer Landschaftsgärten leisteten. Stilbildend war z.B. Fürst Pückler-Muskau, den die meisten heute nur noch mit der gleichnamigen Eissorte verbinden. Mit dem Aufstieg des begüterten Bürgertums wurde im 19. Jahrhundert neben anderen höfischen Sitten auch die Anlage von Rasen übernommen. Heute sind Zierrasen überall , selbst im ländlichen Raum, verbreitet. Letzteres kann man als charakteristisches Indiz für die zunehmende Verstädterung ländlicher Siedlungsgebiete ansehen.
 

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Ähnliche Gesellschaften
 

Lolio-Cynosuretum

 
Phleum pratense
 
 
 
 
 
 

Das Jakobs-Greiskraut (Senecio jacobaea) (rechts) kommt als Ordnungscharakterart sowohl in Wiesen wie in Weiden vor. Trotz seiner Größe kann es sich in Viehweiden behaupten, weil es für Wiederkäuer giftig ist und deshalb vom Vieh gemieden wird.

Wie schon eingangs erwähnt, werden die Pflanzen auf Weiden nicht so oft und unregelmäßiger abgefressen. Typisch für Standweiden, auf denen dauernd Vieh grast; sind die Geilstellen, die oben deutlich zu erkennen sind. Wo die Kühe einen Fladen hinterlassen haben, wachsen die Pflanzen schneller und höher. Bezeichnenderweise scheinen die Pflanzen dort nicht so gut zu schmecken; sie werden jedenfalls vom Vieh gemieden. Dadurch kommt der charakteristische Flickenteppich aus kurzgrasigen und Geilstellen zustande. Diese nährstoffreiche Weide wird als Lolio-Cynosuretum bezeichnet.

Aus den genannten Gründen ist auf Weiden der Anteil höherwüchsiger Arten größer. Das Wiesen-Lieschgras (Phleum pratense) (links) ist ein Beispiel dafür. Als Verbandscharakterart wächst es zwar auch in Zierrasen, ist dort aber viel geringer vertreten und kommt kaum zur Blüte.
 
 

Senecio jacobaea



 
Festuco-Cynosuretum
Auf magereren Böden treten verstärkt allgemeine Magerkeitszeiger und Arten der Borstgrasrasen (Kl. Nardo-Callunetea) hinzu, während Lolium perenne deutlich abnimmt. Solche Magerweiden werden als Festuco-Cynosuretum bezeichnet. Sie kamen früher als Extensivweiden im Mittelgebirge und in der Ebene auf Sandböden u.ä. vor. Im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft sind solche Flächen sehr selten geworden. Bezeichnenderweise stammt das Bild links von einem aufgelassenen Truppenübungsplatz, der nur wenig gedüngt und nur von Schafherden abgeweidet wurde. 

Neuerdings werden das Lolio-Cynosuretum und das Festuco-Cynosuretum nur als edaphische Varianten einer einzigen Gesellschaft aufgefasst, die als Cynosuro-Lolietum bezeichnet wird. (z.B. DIERSCHKE 1997: Synopsis der Pflanzengesellschaften Deutschlands, Heft 3).

Wie die Ackerwildkrautgesellschaften spiegeln auch die Gesellschaften gedüngter Weiden überkommene Bewirtschaftungstypen wider. Das heute übliche Intensivstgrünland wird mehrfach im Jahr gemäht und mit Gülle gedüngt. Kühe sieht dieses Land nicht mehr, denn die werden im Stall gehalten und mit mehr (angekauftem) Futter versorgt als die Grünflächen hergeben. Demzufolge bekommt der Boden durch die Gülle weit mehr Nährstoffe als ihm durch Mahd oder Weide entzogen wurden. Auf solchen Böden konnen sich nur wenige, äußerst konkurrenzstarke Arten behaupten. Oft finden sich auf solchen Grünländern nicht einmal mehr zehn verschiedene Pflanzenarten. Solche minimalen Artenkombinationen lassen sich nicht mehr sinnvoll pflanzensoziologisch fassen.
 

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Joachim Schmitz,  24 XII. 2001
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