Schmitzens Botanikseite
Rheinische Pflanzengesellschaften
Waldmeister-BuchenwaldGalio odorati-Fagetum Verband: Fagion sylvaticae
Ordnung: Fagetalia sylvaticae
Klasse: Querco-Fagetea- Allgemeines
- Charakterarten
- Vorkommen
- Ähnliche Gesellschaften
Waldmeister-Buchenwald
Wo auch im Sommer die Luftfeuchtigkeit und der Wassergehalt des Bodens nicht zu sehr zurückgehen, ist die Rotbuche (Fagus sylvatica) der dominierende Waldbaum. Andere Baumarten sind hier oft nur gering vertreten. Besonders ältere Bestände sind sehr schattig, so dass sie nur wenig Unterwuchs zulassen. Die vegetationskundliche Abgrenzung der verschiedenen Buchenwälder ist sehr umstritten. Je nach der Dominanz einer Art wurden zahlreiche Buchenwald-Gesellschaften aufgestellt, die heute meist keine Anerkennung mehr finden. Diese Probleme beruhen vor allem auf zwei Umständen:
1. Es gibt in Mitteleuropa praktisch keine Urwälder mehr. Alle Wälder sind durch den Eingriff des Menschen mehr oder weniger verändert, so dass man nicht genau sagen kann, wie ein natürlicher Buchenwald aussähe. Selbst naturnahe Forste unterscheiden sich z.B. in der Altersstruktur von natürlichen Wäldern.
2. Die Buchenwaldtypen unterscheiden sich nur graduell in den Ansprüchen an Boden und Klima. Es ist deshalb fast unmöglich, scharfe Trennarten zu benennen. Die Typen lassen sich nur durch das ganze Artengefüge differenzieren.Wegen der abweichenden Auffassungen verschiedener Autoren ist es nötig, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich die folgenden Ausführungen auf die "Süddeutschen Pflanzengesellschaften, Band IV" (OBERDORFER 1992) gründen.
Danach steht der Waldmeister-Buchenwald zwischen dem Luzulo-Fagetum (Hainsimsen-Buchenwald) kalkfreier, oft sehr armer Böden und dem Hordelymo-Fagetum (Haargersten-Buchenwald) auf besseren, oft mehr oder weniger kalkhaltigen Böden, die oft mikroklimatisch etwas begünstigt sind.
Wie schon gesagt, gibt es keine strikten Charakterarten der Buchenwald-Gesellschaften. Mit zunehmender Bodenqualität und wärmerem Mikroklima wird die Artenvielfalt größer. Deshalb lassen sich die Gesellschaften besser durch das Fehlen anspruchsvoller Arten als durch eigentliche Charakterarten kennzeichnen. Die hier vorgestellten Arten haben also bestenfalls ihren Schwerpunkt im Waldmeister-Buchenwald, können aber auch in den anspruchsvolleren Buchenwäldern vorkommen.
Die namengebende Art ist der Waldmeister (Galium odoratum). Das Kraut wird für die bekannte Maibowle verwendet. Als Lebensmittelzusatz ist echter Waldmeister allerdings verboten, da sich der Wirkstoff Cumarin als leberschädigend herausgestellt hat. Übrigens ist Cumarin auch der Hauptbestandteil von Rattengift.
Das Hohe Schwingelgras (Festuca altissima) (rechts) kommt nicht in allen Ausprägungen des Galio-Fagetum vor. In höheren Lagen kann es Massenbestände ausbilden, was schon Autoren veranlasst hat, solche Bestände zu einer eigenen Buchenwald-Gesellschaft zu erheben. Ähnliche Ansprüche hat der Spreuschuppige Wurmfarn (Dryopteris affinis) (unten). Vom normalen Wurmfarn (D. filix-mas) unterscheidet er sich durch die sehr gedrängten Fiedern; die Fiederchen letzter Ordnung sind mehr oder weniger rechteckig und die Stiele der Seitenfiedern 1.Ordnung sind am Grunde schwarz.
Auch die Zwiebeltragende Zahnwurz (Dentaria bulbifera) musste schon für eine eigene Buchenwald-Gesellschaft herhalten. Die Art ist etwas wärmeliebender als die vorher genannten. Sie fehlt deshalb z.B. weitgehend in der Nordeifel. Nach OBERDORFER (1992 s.o.) gilt sie als Differentialart des Waldmeister-Buchenwalds.
Früher galt die Nestwurz (Neottia nidus-avis) als Charakterart des "Kalk-Buchenwaldes". Auch diese Gesellschaft ließ sich nicht aufrecht erhalten. Als streng an Kalk gebundene Art differenziert die Nestwurz das Galio-Fagetum eindeutig gegen das Luzulo-Fagetum; sie kommt aber auch in den anspruchsvolleren Buchenwäldern vor.
Die Nestwurz ist eine heimische Orchidee. Sie besitzt keinerlei Blattgrün. Ihre Nährstoffe bezieht sie aus Bodenpilzen, mit denen sie in einer parasitischen Beziehung zusammenlebt. Früher glaubte man, dass die Pflanze selbst die Humusstoffe des Waldbodens aufschließen könnte. Sie wurde deshalb fälschlicherweise als "Moderpflanze" oder "Saprophyt" bezeichnet. Dank ihrer parasitischen Lebensweise kann es sich die Nestwurz leisten, erst EndeMai/Anfang Juni zu blühen, wenn der Waldboden bereits stark beschattet ist.
Von der riesigen Zahl der Ordnungscharakterarten können hier aus Platzgründen nur zwei als Beispiel angeführt werden. Das Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana) (unten links) unterscheidet sich vom Hain-Veilchen (Viola riviniana) durch den schmalen, rein violetten Sporn und die frühere Blütezeit. Häufiger als die reine Art findet man allerdings Mischformen mit dem Hain-Veilchen, die in ihren Merkmalen und ihrer Ökologie zwischen den Eltern stehen.
Das Gelbe Windröschen (Anemone ranunculoides) (oben rechts) kommt in allen feuchteren Fagetalia-Gesellschaften vor.
Im Rheinland ist das Galio-Fagetum in collinen und montanen Lagen der Mittelgebirge verbreitet. Es fehlt in den reinen Schiefergebieten, kann aber schon bei geringem Kalkgehalt oder nährstoffreicheren Schwemmböden in Tallagen auftreten, soweit solche Standorte nicht von Auwäldern bestockt sind. Wahrscheinlich wäre es noch häufiger, wenn nicht viele Bestände durch historische Nutzungsformen wie Niederwaldwirtschaft (z.B. für die Köhlerei oder die Ledergerberei mit Eichenlohe) in Eichen- bzw. Hainbuchenwälder umgewandelt worden wären. Die genaue Verbreitung ist aber nicht bekannt, weil die Gesellschaft von anderen Autoren anders abgegrenzt wurde. Viele früher dem Luzulo-Fagetum zugeordnete Vorkommen müssen heute dem Galio-Fagetum zugeschlagen werden; umgekehrt werden artenreichere Kalkbuchenwälder, die früher als reichste Ausprägung des Waldmeister-Buchenwalds aufgefasst wurden, heute dem Hordelymo-Fagetum zugeordnet.
Auf kalkfreien, sauren Böden wächst der Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum). Das ist der Buchenwald des Rheinischen Schiefergebirges. Anspruchsvollere Arten fehlen. Dafür leiten die zahlreichen Magerkeits- und Säurezeiger zu den artenarmen Eichenmischwäldern über. Der Unterwuchs ist nicht immer so krautreich wie im obigen Foto; typisch ist allerdings, dass die Standorte des Hainsimsen-Buchenwalds heute oft durch Fichtenforste besetzt sind.
Auf besseren Standorten, was in der Regel höheren Kalkgehalt und etwas geschützteres Kleinklima bedeutet, wird das Galio-Fagetum durch den Haargersten-Buchenwald (Hordelymo-Fagetum) ersetzt. Typisch hierfür sind die Wald-Haargerste (Hordelymus europaeus) (links) und - besondes an Nordhängen - das Ähren-Christophskraut (Actaea spicata) (oben).
Der Orchideen-Buchenwald (Carici-Fagetum) ist der anspruchvollste Vegetationstyp innerhalb des Fagion-Verbandes. Der Name Carici-Fagetum ist nicht sehr glücklich gewählt, da die namengebende Weiße Segge (Carex alba) eher selten ist und im Rheinland gar nicht vorkommt. Viel bezeichndender sind die zahlreichen Orchideen. Am häufigsten ist das Bleiche Waldvögelein (Cephalanthera damasonium) (rechts). Der Orchideen-Buchenwald stockt auf reinen Kalkböden in wärmebegünstigter Lage, was Vorkommen in typischen Mittelgebirgslagen aber nicht ausschließt.