Schmitzens Botanikseite
Rheinische Pflanzengesellschaften
Heide des
Behaarten GinstersGenisto pilosae-
CallunetumVerband: Genistion pilosae
Ordnung: Vaccinio-Genistetalia
Klasse: Nardo-Callunetea
- Allgemeines
- Charakterarten
- Vorkommen
- Ähnliche Gesellschaften
Allgemeines
Ausprägung des Genisto-Callunetum als Wacholderheide. Durch die fehlende Beweidung durch Schafe ist die Heide verbuscht. Die in der Klasse Nardo-Callunetea zusammengefassten azidophilen (säureliebenden) Wirtschaftsgrünländer teilen sich in die Unterklasse Nardenea (Borstgrasrasen), die ziemlich artenreich und von Gräsern dominiert sind und damit zu extensiven, blumenreichen Wiesen vermitteln, und den Strauchheiden der Unterklasse Calluno-Ulicienea, die oft sehr artenarm sind und von wenigen charakteristischen Zwerggehölzen bestimmt werden. Wegen der deutlichen Unterschiede in der Physiognomie der Gesellschaften sind diese Gruppen von manchen Autoren auch als eigenständige Klassen angesehen worden.
Die Zwergstrauchheiden kommen oft, aber nicht nur auf Sandböden vor. Daneben scheint auch die Bewirtschaftung eine Rolle zu spielen. So entstanden sie oft auf Schafweiden. Da Wacholder von Schafen nicht gefressen wird, sind solche Wacholderheiden mit Sicherheit auf Schafbeweidung zurückzuführen. Noch wichtiger war wohl das Abplaggen der Heideflächen. Dabei wurden im Abstand von 15-20 Jahren Soden (Plaggen) samt Sträucher und Humusschicht mit einer Art Harke entfernt und als Einstreu für die Viehställe benutzt. Dies trägt wesentlich zum Zurückdrängen von Gräsern und zur Förderung von Zwergsträuchern bei. Seit einigen Jahren werden ähnliche Bearbeitungsformen zur Biotoppflege in Naturschutzgebieten eingesetzt. Interessanterweise werden heutzutage auch die Skiwiesen im Hochsauerland durch eine Art von Abplaggen in Form gehalten.
Die allermeisten Heiden sind also durch die Bewirtschaftung durch den Menschen entstanden. Es gibt aber auch kleinflächige Vorkommen auf Binnensanddünen, sandigen Felsverwitterungsböden und ähnlichen Stellen, die als natürlich angesehen werden könnnen.
Dem subozeanischen Großklima entsprechend ist das Genisto pilosae-Callunetum die typische und ehemals verbreitete Zwergstrauchheide des Rheinlands.
Die bezeichnenden Charakterarten sind zwei mehr oder weniger atlantisch verbreitete Ginsterarten. Der Behaarte Ginster (Genista pilosa) ist die namengebende Art des Genisto-Callunetum. Er greift aber auch in andere Gesellschaften aus, weshalb er überregional nur als Verbandskennart gilt.
Strenge Charakterart ist dagegen der bedornte Englische Ginster (Genista anglica). Diese Art ist ausgeprägter atlantisch verbreitet als der Behaarte Ginster und ist deshalb schon im Rheinland deutlich seltener.
Die bekannte Besenheide (Calluna vulgaris) (unten links), oft fälschlich als "Erika" bezeichnet, ist Klassencharakterart, hat ihren Schwerpunkt aber in den Zwergstrauchheiden. Die Quendelseide (Cuscuta epithymum) (unten rechts) schmarotzt nicht nur auf Thymian ("Quendel") sondern auch auf der Besenheide und auf den kleinwüchsigen Ginsterarten. Entsprechend dieses Wirtsspektrums gilt sie als Klassencharakterart.
Zu den Klassencharakterarten, die also sowohl zu den Borstgrasrasen im engeren Sinne wie den Zwergstrauchheiden gehören, zählt auch der Dreizahn (Danthonia decumbens) (rechts) sowie die Binsengewächse Feld-Hainsimse (Luzula campestris) (unten links) und Vielblütige Hainsimse (Luzula multiflora ssp. m.) (unten rechts).
Früher war die Heide des Behaarten Ginsters auf den Sandböden am Niederrhein und über sandig verwitterndem Gestein (Tonstein, Buntsandstein) im Rheinischen Schiefergebirge großräumig verbreitet. Heute sind die meisten dieser Flächen durch Aufforstung, Düngung oder Aufgabe der Bewirtschaftung vernichtet. Brach liegende Heiden verbuschen allmählich; dabei machen sich zuerst Brombeeren und Besenginster (Cytisus scoparius) breit. Größere Reste sind in Naturschutzgebieten gesichert oder haben sich auf militärischen Übungsplätzen erhalten können.
Die natürlichen Standorte der Ginsterheide, z.B. auf Buntsandsteinfelsen im Rurtal, waren schon immer viel seltener, sind aber kaum zurückgegangen. Eine Gefährdung geht hier allerdings von der Nutzung als Kletterfelsen aus.
Ähnliche Gesellschaften
Mit zunehmender Höhenlage treten die atlantischen Ginsterarten zurück. Dafür gewinnen mehrere Vaccinium-Arten die Oberhand. Dieser Heidetyp wird als Vaccinio-Callunetum (Preiselbeer-Heide) bezeichnet.
Neben der bekannten Heidelbeere (Vaccinium myrtillus), die auch häufig im Unterwuchs von bodensauren Wäldern vorkommt, sind besonders die Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) (rechts) und die Rauschbeere (Vaccinium uliginosum ssp. u.) (unten) bezeichnend.
Der Keulen-Bärlapp (Lycopodium clavatum) gilt zwar als Verbandscharakterart, tritt aber im Vaccinio-Callunetum wesentlich stärker in Erscheinung als in den Ginsterheiden.
Dass gleiche gilt für mehrere weitere Bärlapp-Gewächse, die aber alle viel seltener als der Keulen-Bärlapp sind.
Im Rheinland ist das Vaccinio-Callunetum ziemlich selten und auf die höchsten Lagen des Mittelgebirges oder trockengelegte Moorböden im Bereich des Hohen Venns beschränkt. Nach Osten nehmen die subatlantischen Florenelemente, die für die Ginsterheide typisch sind, ab und die kontinentalere Preiselbeerheide gewinnt Überhand. Rechts ist ein Beispiel aus dem NSG Neuer Hagen im Hochsauerland abgebildet. Hier kommen auch mehrerere der sehr seltenen Bärlappe vor. Das gilt übrigens nicht nur für die als Naturschutzgebiete gesicherten Heiderelikte sondern auch für neu angelegte Skiwiesen. Die mitteleuropäischen Ginsterheiden gelten als Ausstrahlungen der westeuropäischen Ginster-Gesellschaften der Ordnung Erico-Ulicetalia. Die Leitart Ulex europaeus (Stechginster) (unten) kommt im Rheinland aber nicht natürlich vor. Bei den wenigen Fundorten handelt es sich um Anpflanzungen oder kulturnahe Verwilderungen.
Inwieweit auch Bestände des Besenginsters (Cytisus scoparius) hier einzuordnen sind, ist umstritten. Besenginsterheiden sind wohl überwiegend vorübergehende Sukzessionsstadien und besser entsprechenden Strauchgesellschaften zuzuschlagen (Prunetalia bei OBERDORFER, Franguletea bei WEBER [1998: Synopsis der Pflanzengesellschaften Deutschlands.- Heft 4]). Felsheiden mit dem Behaarten Ginster wurden als Genisto pilosae-Sarothamnetum (LOHMEYER 1986) bzw. Rubo plicati-Sarothamnetum genistetosum pilosae (VERBÜCHELN et al. 1995: Rote Liste der Pflanzengesellschaften in Nordrhein-Westfalen) beschrieben. Dabei handelt es sich aber wohl eher um Sukzessionsstadien, die zwischen dem Genisto-Callunetum und dem Besenginstergebüsch vermitteln, als um eigenständige Gesellschaften.
Das Kalk-Blaugras (Sesleria caerulea) ist eigentlich eine Charakterart der alpinen Urrasen auf Kalkstein (Kl. Seslerietea). In der Eiszeit konnte es den Alpengletschern nach Norden ausweichen. Nach der Eiszeit sind in den deutschen Mittelgebirgen inselartige Vorkommen zurückgeblieben. Hier kommt das Blaugras in Felsrasen (Kl. Sedo-Scleranthetea), Magerrasen (Kl. Festuco-Brometea) oder lichten Wäldern auf mehr oder weniger basischem Gestein vor. Die Vorkommen werden als Varianten oder bestenfalls Subassoziation der entsprechenden Gesellschaften gewertet. Im Nahetal und verschiedenen Stellen im Rheinischen Schiefergebirge wächst auf Felsbändern eine im Wesentlichen nur von Blaugras und Behaartem Ginster gebildete Gesellschaft. Diese Genista pilosa-Sesleria albicans-Gesellschaft wird bei OBERDORFER als nördlichste Seslerietea-Gesellschaft aufgeführt. Dies leuchtet mir nicht ganz ein. Ich halte es für zwangloser, diese Gesellschaft (analog den oben genannten Vergesellschaftungen des Blaugrases im Mittelgebirge) zum Verband Genistion pilosae, also zu den Ginster-Heiden zu stellen.