Allgemeines
 

Juncetum acutiflori

Binsenwiese im NSG Fuhrtsbachtal im Frühjahr

Auf quellig-versumpften Wiesengründen in den Tälern der Mittelgebirge wächst eine durch verschiedene Binsenarten, vor allem  der Spitzblütigen oder Wald-Binse, dominierte Gesellschaft. Durch den blaugrünen Farbton der Binsen hebt sich dieser Wiesentyp deutlich von der Umgebung ab. Das Juncetum acutiflori wurde einmal im Jahr gemäht. Es handelt sich also um eine einschürige Wiese mit geringem Ertrag.

Die Gesellschaft ist atlantisch getönt und ersetzt anscheinend im Westen die mitteleuropäischen Pfeifengraswiesen des Molinion-Verbands.
 

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Charakterarten
 
 
Juncus acutiflorus
Beim Juncetum acutiflori handelt es sich um eine Rumpfgesellschaft des Verbandes, die vor allem durch das Fehlen weiterer, ausgesprochen atlantisch verbreiteter Kennarten gekennzeichnet ist. Im Rheinland ist die Waldbinse oder Spitzblütige Binse (Juncus acutiflorus) also die einzige Charakterart. Dafür ist sie immer bestandsprägend.

 
Der Haarstrang-Wasserfenchel (Oenanthe peucedanifolia) erreicht gerade noch das westliche Grenzgebiet von der Südeifel bis hinunter zur Pfalz. Deshalb kann er zumindest regional als Verbandskennart gewertet werden.
Oenanthe peucedanifolia
 
Scutellaria minor
    Das Kleine Helmkraut (Scutellaria minor) (links) gilt als Verbandscharakterart im Juncion acutiflori, gleichzeitig aber auch als Differentialart des Sphagno-Alnetums, also einem atlantisch geprägten Bruchwald. Das ist eigentlich unlogisch, denn das Juncetum acutiflori ist eine durch den Menschen bedingte Ersatzgesellschaft des natürlichen Bruchwalds. Deshalb wäre es angemessener, die Art als Charakterart des Sphagno-Alnetums und als Differentialart des Juncion acutiflori zu werten. 

    Eine weitere Verbandscharakterart, die gerade noch von Westen her die Grenze überschreitet, ist das Moorglöckchen (Wahlenbergia hederacea). Die Art soll auch im Aachener Stadtwald vorkommen. Trotz mehrfacher Nachsuche habe ich das aber bisher nicht verifizieren können.

 
Die folgenden Arten sind Ordnungscharakterarten. Sie kommen also regelmäßig in der Binsenwiese vor, können aber auch in allen anderen feuchten bis nassen Wirtschaftswiesen auftreten.
 
 

Rechts: Sumpf-Kratzdistel (Cirsium palustre)

Cirsium palustre
 
Succisa pratensis

Oben: Teufelsabbiss (Succisa pratensis), unten links: Sumpf-Pippau (Crepis paludosa), unten rechts: Kuckucks-Lichtnelke (Silene flos-cuculi, syn. Lychnis flos-cuculi).
 
Crepis paludosa
Lychnis flos-cuculi

 
Lotus pedunculatus
Der Sumpf-Hornklee (Lotus pedunculatus, = L. uliginosus) wird viel größer (oder besser: länger) als der Gewöhnliche Hornklee (L. corniculatus). Außerdem trägt der Blütenstand mehr Blüten (bis 8) und die Blüten sind auch in der Knospe schon gelb und nicht so auffällig orange wie beim Gewöhnlichen Hornklee.

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Vorkommen
 

Das Juncetum acutiflori war in den westlichen Teilen des Rheinischen Schiefergebirges weit verbreitet. Da sich einschürige Wiesen heute nicht mehr rentabel bewirtschaften lassen, kommt es heute fast nur noch in Naturschutzgebieten vor, wo die Mahd als Biotoppflegemaßnahme durchgeführt wird. Die Sukzession geht auf solchen Standorten nur sehr langsam voran; deshalb gibt es auch noch etliche reliktäre Standorte, die aber zunehmend verbuschen.
 

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Ähnliche Gesellschaften
 

Molinia-Gesellschaft

Unmittelbar verwandte, atlantische Gesellschaften wie das Caro verticillati-Juncetum acutiflori (siehe Nachtrag) sind im Rheinland seit langem ausgestorben. Dafür haben sich auf degradierten Moorböden Pfeifengraswiesen breitgemacht, deren Zuordnung umstritten ist. Weite Teile des Hohen Venns sind heute von einer Pfeifengraswiese bestockt, die wohl besser dem Verband Juncion acutiflori zuzuschlagen ist, da sie (außer dem Lungen-Enzian [Gentiana pneumonanthe] ) keine typischen Arten der Pfeifengraswiese enthält.

 
Cirsium tuberosum In Mittel- und Süddeutschland findet man statt der Binsenwiese Pfeifengras-Gesellschaften des Verbands Molinion caeruleae, z.B. das Cirsio tuberosi-Molinietum arundinaceae. Einzelne typische Arten wie die Knollige Kratzdistel (Cirsium tuberosum) (links) kommen zwar auch im Rheinland vor, sind hier aber anders vergesellschaftet. Die Knollige Kratzdistel wächst z.B. in der Eifel sehr selten in Kalkflachmooren.
 
Die boreal-subkontinental verbreiteten Brenndoldenwiesen des Verbands Cnidion dubii erreichen im Mainzer Becken gerade noch das Rheinland und damit auch die äußerste Westgrenze ihres Areals. Neben verarmten Verbandsgesellschaften unterscheidet man zwei Assoziationen, die Wasserfenchel-Pfeifengras-Wiese (Oenantho lachenalii-Molinietum) und die Brenndolden-Pfeifengras-Wiese (Violo-Cnidietum).
Rechts abgebildet ist das Hohe Veilchen (Viola elatior), eine Cnidion-Verbandscharakterart.
Viola elatior
 


Nachtrag: Neuerdings (Synopsis der Pflanzengesellschaften Deutschlands 9, Göttingen 2004) wird der Name Juncetum acutiflori und der Verband Juncion acutiflori auf Vorkommen mit den streng atlantischen Arten wie Quirlblättrigem Kümmel (Carum verticillatum), Zartem Gauchheil (Anagallis tenella), Moorglöckchen (Wahlenbergia hederacea) oder Kleinem Helmkraut (Scutellaria minor) bezogen. Auf der belgischen Seite des Hohen Venns gibt es solche Vorkommen noch vereinzelt. Alle übrigen Waldbinsen-Wiesen gehören nach Ansicht der genannten Quelle zum Verband Calthion und werden als Crepido-Juncetum acutiflori bezeichnet.
 

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Joachim Schmitz,  9. VIII. 2004
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