Allgemeines
 

Lamio albi-Conietum maculati

Auf stickstoffreichen, frischen bis mäßig feuchten Böden wächst die Schierlingsflur (Lamio albi-Conietum maculati). Die etwas wärmeliebende Gesellschaft ist ein reiner Kulturfolger, kommt also nur im Siedlungsbereich, z.B. an Komposthaufen, Jaucheüberläufen u.ä. vor.

Die Schierlingsflur ist sehr dicht- und hochwüchsig, so dass kaum Verbuschung auftritt und sich die Gesellschaft dauerhaft halten kann. Deshalb findet man sie als Siedlungsrelikt gelegentlich sogar im Bereich von mittelalterlichen Burgruinen.
 

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Charakterarten
 
 
Conium maculatum
Der wegen seiner Giftigkeit legendäre Gefleckte Schierling (Conium maculatum) (nicht zu verwechseln mit dem Wasserschierling [Cicuta virosa]) ist wahrscheinlich als Kulturpflanze nach Deutschland gekommen. Die Art wurde zu Heilzwecken angebaut. 

Sehr ähnlich ist eine Unterart der Hundspetersilie (Aethusa cynapium ssp. cynapioides), die ebenfalls strahlig nach außen weisende Hüllchenblätter unter den Döldchen besitzt und auch recht hoch werden kann, allerdings nicht so bestialisch nach Mäusen stinkt. Verwechslungen mit dem Schierling haben dazu geführt, dass die Hundspetersilie selbst als sehr giftige Pflanze galt.

 
Der Schierling ist die einzige Assoziationscharakterart. Wegen der Ansprüche an den Wassergehalt des Bodens enthält die Schierlingsflur auch Arten, die sonst eher für Staudenfluren auf feuchteren Böden typisch sind (O. Glechometalia und Convolvuletalia). Deshalb können solche Arten als Differentialarten zur Abgrenzung gegen die übrigen Gesellschaften des Arction-Verbands benutzt werden. 

Als Beispiel ist rechts die Krause Distel (Carduus crispus) abgebildet.

Carduus crispus
 
Lamium album
Die weiße Taubnessel (Lamium album) gilt als Verbandskennart. Als Zeigerpflanze für extrem nährstoffreiche Böden hat sie sich (ähnlich wie die Brennnessel) in den vergangenen Jahrzehnten stark ausgebreitet und kommt auch in anderen stickstoffbeeinflussten Vegetationstypen vor.
 
Wie schon der Name andeutet, sind für den Verband Arction besonders verschiedene Kletten-Arten typisch. Die verbreitetste ist die Kleine Klette (Arctium minus ssp. minus) (rechts).
 
 
 
 
 
 
 
 

Sehr viel seltener ist die wärmeliebende und eher kontinental verbreitete Filzige Klette (Arctium tomentosum) (unten), die im Rheinland die Nordwestgrenze ihrer Verbreitung erreicht

Arctium minus ssp. minus

Arctium tomentosum

 
Typisch für nitrophile Staudenfluren sind auch zahlreiche distelartige Pflanzen. Die Gemeine Kratzdistel (Cirsium vulgare) (rechts) bevorzugt eher trockenere Böden und kennzeichnet damit Gesellschaften der Ordnungen Artemisietalia und Onopordetalia.
Cirsium vulgare
 
Unter den zahlreichen Klassencharakterarten seien zwei Beispiele herausgegriffen:
Rechts: Der Gemeine Beifuß (Artemisia vulgaris) hat der Klasse den Namen Artemisietea gegeben.
Unten: Die Wilde Karde (Dipsacus fullonum) ist keine Distel, sondern gehört einer eigenen Familie (Dipsacaceae) an. Merkwürdig ist die Aufblühfolge, die mit einem Blütenring in der Mitte beginnt und von dort nach oben und unten wandert.

Dipsacus fullonum

Artemisia vulgaris

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Vorkommen
 

Die Schierlingsflur war noch nie häufig, aber im ganzen Rheinland verbreitet. Die zunehmende Ausräumung der Landschaft hat vor allem Bestände in niederen Lagen dezimiert. Das widerspricht scheinbar den klimatischen Ansprüchen der Gesellschaft und liegt sicher daran, dass Industrialisierung der Landwirtschaft, Flurbereinigung, Straßenbau, Bodenversiegelung u.ä. in den Mittelgebirgen noch nicht so fortgeschritten sind.
 

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Ähnliche Gesellschaften
 
 
Arctium lappa
Häufig findet man -besonders in kühleren oder höheren Lagen- distelreiche Bestände ohne spezielle Charakterarten. Diese wurden als Cirsium vulgare-Cirsium arvense-Gesellschaft beschrieben.
 
 
 
 
 
 
 

Die Große Klette (Arctium lappa) bestimmt das Bild der Kletten-Beifuß-Flur (Arctio-Artemisietum vulgaris) (links). Diese auffällige Gesellschaft bevorzugt niedere Lagen und ist z.B. am Rhein verbreitet, in den Mittelgebirgen aber eher selten. 

Die Ansprüche der Kletten-Beifuß-Flur an Wassergehalt und Stickstoffreichtum sind geringer als bei der Schierlingsflur.

 
Auch die Schwarznessel-Flur (Lamio albi-Ballotetum foetidae) ist etwas wärmeliebend und war früher eine typische Ruderalgesellschaft innerhalb von Dörfern, wo sie an Wegrändern, Mauerfüßen, Zäunen usw. wuchs. Durch die zunehmende Verstädterung der Dörfer sind die Vorkommen stark zurückgegangen. Heute gibt es in Dörfern keine Anger, Brachen und Misthaufen mehr; die Wege sind asphaltiert, ihre Ränder gepflastert. Dafür kommt die Gesellschaft heute auch im städtischen Bereich (z.B. auf Verkehrs- und Industriebrachen) vor, was den Verlust aber nicht ausgleichen konnte.

Die die Assoziation charakterisierende Schwarznessel (Ballota nigra ssp. meridionalis) (rechts) hat schon einige Umbenennungen über sich ergehen lassen müssen. Man findet auch die Synonyme Ballota alba, Ballota nigra ssp. alba und Ballota nigra ssp. foetida.

Die vikariierende, südöstlich verbreitete Unterart Ballota nigra ssp. nigra erreicht das Rheinland meines Wissens nicht mehr.

Ballota nigra ssp. meridionalis
 
Chenpodium bonus-henricus.
Mit zunehmender Höhe fallen klimatisch anspruchsvollere Arten wie die Schwarznessel aus. Dafür gelangt der Gute Heinrich (Chenopodium bonus-henricus) zur Vorherrschaft. Seine Gesellschaft, das Chenopodietum boni-henrici, war früher die typische Ruderalgesellschaft der Mittelgebirgsdörfer. Auch hier hat die Verstädterung des ländlichen Siedlungsraum zu einem erheblichen Rückgang geführt.

Der Gute Heinrich ist ein geschätztes Wildgemüse. Die jungen Triebe können wie Spargel und die Blätter wie Spinat zubereitet werden. Möglicherweise ist der Gute Heinrich auch als Gemüse angebaut worden.

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Joachim Schmitz,  7. IV. 2004
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