Schmitzens Botanikseite 

Die Neophyten-Ecke
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Agriophyten

So nennt man Neophyten, die sich in die natürliche Vegetation eingegliedert haben. Sie würden also selbst dann weiterbestehen, wenn der Mensch jegliche Einwirkung auf die Vegetation beenden würde.


Rechts: Die Gelbe Gauklerblume (Mimulus guttatus) stammt aus Nordamerika und wächst bei uns als Agriophyt in Röhricht-Gesellschaften fließender Gewässer

Mimulus guttatus

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Epökophyten

Viel häufiger haben sich Neuankömmlinge in Biotopen behaupten können, die erst durch den Menschen geschaffen wurden. Als die Menschen sesshaft wurden und planmäßige Landwirtschaft betrieben, schufen sie damit auch neue Lebensräume, die es vorher in der unberührten Natur nicht gegeben hat. Auch eine bunte Blumenwiese, die viele Leute für den Ausbund von Natur halten, würde ohne die landwirtschaftliche Nutzung zuerst verbuschen und nach Jahrzehnten vom natürlichen Wald abgelöst sein! Epökophyten würden also ohne den Einfluss des Menschen wieder verschwinden.

Oenothera biennis

Schon der mittelalterliche Bergbau schuf mit Berge- und Metallerzhalden die ersten Industriebrachen. Heute macht die Ruderalvegetation -darunter fasst man die Flora von Industriebrachen, Verkehrswegen, Bauschutt udgl. mehr zusammen- einen erheblichen Anteil an der aktuellen Vegetation aus. Gerade in solchen Biotopen ist der Anteil von Neophyten besonders hoch.

Links: Die aus Nordamerika stammende Gewöhnliche Nachtkerze (Oenothera biennis) ist ein Epökophyt mehrjähriger ruderaler Staudenfluren.


Veronica filiformis

Oben: Schon normale Wiesen sind künstliche Biotope. Zierrasen, die in kurzen Abständen immer wieder gemäht werden, sind besonders naturfern. Deshalb sind Rasen sehr artenarm; es gibt nur wenig heimische Arten, die diese Behandlung aushalten. Hier hat der Fädige Ehrenpreis (Veronica filiformis) seine Nische gefunden. Die Art wächst mit auf dem Boden kriechenden Sprossen, die vom Rasenmäher in zahlreiche Stücke geschnitten werden, die sich neu bewurzeln können. Auf diese Weise sorgt das Rasenmähen sogar für die Verbreitung der Art, was keine heimische Art schafft. Der Fädige Ehrenpreis stammt übrigens aus dem Raum Kaukasus/Kleinasien und ist als Zierpflanze seit etwa 1915 aus Friedhofskulturen verwildert.

Unten: Abseits der Meeresküsten waren salzbestimmte Standorte seltene Sonderbiotope. U.a. durch den Winterdienst an Straßen und die damit verbundene Salzbelastung von Straßenbanketts haben sich verschiedene Arten der meeresnahen Salzvegetation bis weit ins Binnenland ausbreiten können. Als Beispiel ist das Dänische Löffelkraut (Cochlearia danica) abgebildet, das entlang der Autobahnen von Bremen über Osnabrück ins östliche Ruhrgebiet gewandert ist. Inzwischen hat es auf diesem Weg auch das Rheinland erreicht. Da die Art auch natürliche Fundorte an der Meeresküste besitzt, kann man sie im strengen Sinne nicht als Neophyt bezeichnen, für Nordrhein-Westfalen ist sie es aber eigentlich schon.

Cochlearia danica


Salsola kali ssp. tragus
Extrem naturfern sind Brachen der metallverarbeitenden Industrie. Neben Koch- bzw. Meersalz können auch andere salzartige Verbindungen auftreten. Außerdem ist das Kleinklima zwischen Beton, Asphalt und heißen Produktionsanlagen ungewöhnlich kontinental. Deshalb kann man hier sogar Pflanzen der westasiatischen Salzsteppen antreffen wie das links abgebildete Kali-Kraut (Salsola kali ssp. tragus) .

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Ephemerophyten

Das sind Arten, die nur vorübergehend auftreten und oft schon den nächsten Winter nicht überleben. Früher fanden sich solche Arten oft an Häfen, Bahnhöfen, Wollfabriken usw.; durch Saatgutreinigung und chemischen Pflanzen"schutz" spielen solche Einrichtungen als Einwanderungstor kaum noch eine Rolle.

Dagegen verwildern heute immer mehr Zierpflanzen. Als Beispiel ist rechts eine Garten-Petunie (Petunia x atkinsiana, =P. x hybrida) abgebildet.
Petunia x atkinsiana

Im strengen Sinne handelt es sich dabei nicht um Neophyten, weil es sich nicht um feste Einbürgerungen handelt. Im Einzelfall ist dies aber oft nur schwer zu beurteilen, weil die typischen Biotope Pflasterritzen, Mauerfugen u.ä. sind, in denen auch heimische Arten nur unbeständig auftreten.

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Ergasiophyten

Solanum lycopersicum

Hiermit werden reine Kulturpflanzen bezeichnet, von denen bisher keine Verwilderungen bekannt sind. Das schließt natürlich nicht aus, dass sie gelegentlich als Ephemerophyten auftreten und sich vielleicht sogar dauerhaft etablieren können.

Ein Beispiel für so einen Grenzfall ist die Tomate (Solanum lycopersicum), die regelmäßig am Rheinufer zu finden ist. Die Experten streiten sich bis heute darüber, ob sich die Art selbst aus eigenem Samennachschub erhält oder immer neu aus in den Rhein gekippten Abfällen keimt.

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Joachim Schmitz, 5.X.2005
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